Krebs: Kooperation per EDV

■ Bremen soll nicht länger ein „weißer Fleck im Krebsatlas“ bleiben

Nicht nur KrebspatientInnnen wissen ein Lied davon zu singen: Erst werden sie in der Arztpraxis A durchgeröngt beziehungsweise ultraschall-untersucht, und vier Wochen später müssen sie in der Klinik B die gleiche lästige Prozedur über sich ergehen lassen. Von Kooperation der behandelnden ÄrztInnen spüren sie nichts bis nicht viel. Solche für die PatientInnen gesundheitsschädlichen und für die Kassen teuren Doppelbehandlungen sollen für KrebspatientInnen in Bremen bald der Geschichte angehören. Eine „Tumornachsorge-Leitstelle“ mit EDV-Anlage soll Abhilfe schaffen.

Jede ÄrztIn, die mit einer KrebspatientIn zu tun hat, soll in Zukunft — wenn die PatientIn einverstanden ist — den jeweiligen Abschnitt der Krankheitsgeschichte in standardisierten Bögen festhalten. Vier solcher Bögen gibt es: rot für die „Erstvorstellung“, blau für die „Behandlung“, grün für die „Nachsorge“, schwarz für den „Abschluß“ (schwarz wie der Tod??). Die Bögen werden ab 1. April von drei Dokumentations-Fachfrauen in der „Leitstelle“ in die EDV-Anlage eingespeist und sind dort für interessierte ÄrztInnen abrufbar. Datenschützer haben das aus Niedersachen übernommene System abgesegnet. PatientInnen, die an einer Dokumentation ihrer Krankengeschichte interessiert sind, werden aus „Datenschutzgründen“ nur über eine ÄrztIn an „ihre“ Bögen herankommen können.

Obwohl ein solches System für die behandelnden ÄrztInnen nicht nur Mehrarbeit bringt, sondern auch bessere Chancen auf Behandlungserfolge, weil sie nun ohne großen Aufwand auf Vorerfahrungen anderer ÄrztInnen zurückgreifen können, brauchte es mehrere Jahre Vorlauf, bis die Entscheidung für eine solche „Nachsorgeleitstelle“ in Bremen reif war. Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger hatte zusammen mit dem Präsidenten der Ärztekammer, Karsten Vilmar, die Initiative ergriffen. Gestern stellten die beiden gemeinsam mit Vertretern der kassenärztlichen Vereinigung die „Nachsorgeleitstelle“ vor. Karsten Vilmar freute sich, daß Bremen künftig in Sachen „Krebsregister“ nun nicht länger ein „weißer Fleck im Krebsatlas“ sei.

Die „Leitstelle“ ist in den Räumen der „Deutschen Krebshilfe“ in der Rembertistraße untergebracht. In den ersten fünf Jahren wird die „Leitstelle“ voraussichtlich 1,3 Millionen Mark kosten. Gesundheitssenatorin Rüdiger überreichte zur Anschubfinanzierung einen Scheck über 180.000 Mark aus Lottomitteln. Die Krankenkassen wollen den ÄrztInnen über die Gebührenordnung das Ausfüllen der Fragebögen entgelten.

Die „Krebsgesellschaft“ geht davon aus, daß in Bremen jährlich 3.000 Menschen neu an Krebs erkranken, sie rechnet damit, daß ca. 6.000 Bögen pro Jahr bei der „Leitstelle“ eingehen.

Mit den — anonymisierten — Daten der „Leitstelle“ wäre es theoretisch auch möglich, die Krebsforschung weiterzuentwickeln. Beispielsweise könnte der Frage nachgegangen werden, so der Onkologe Prof. Rasche: „Gibt es in Hemelingen mehr Fälle von Lungenkrebs als in Oberneuland?“ Doch habe die Bundesregierung, so die Bremer Gesundheitssenatorin Vera Rüdiger, einer solchen Auswertung bisher einen Riegel vorgeschoben. B.D.