Tour d'Europe

■ „Orden“tlich föderalistisch

Für seine Verdienste um den Föderalismus in Europa erhielt am vergangenen Freitag in München der „herausragende Bundesgenosse für unsere föderalen Anliegen“, der Präsident der EG-Kommission, Jacques Delors, aus der Hand des dortigen Ministerpräsidenten Streibl den bayerischen Verdienstorden.

Eine eigene Regionalkammer auf europäischer Ebene zur Verankerung von mehr Mitspracherechten der Regionen Europas bei der EG-Kommission in Brüssel mochte Delors jedoch vorerst nicht in Aussicht stellen. Als Zwischenlösung käme aber eine Versammlung der Regionen Europas in Betracht, die jährlich zwei ausführliche Arbeitssitzungen mit der EG-Kommission abhalten sollte, sagte er letzte Woche bei einer Sondersitzung des Bayerischen Landtages und des Bayerischen Senats in München. Über eine derartige Regionalversammlung, so der EG-Präsident, könnten die Auswirkungen der EG- Politik auf Länder und Regionen besser beurteilt werden. Die Beteiligung der Regionen am Aufbau Europas sei eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der europäischen Union.

Der Einrichtung einer EG-Regionalkammer zum jetzigen Zeitpunkt als Gremium mit Entscheidungskompetenzen, wie sie unter anderem von den deutschen Bundesländern gewünscht worden war, erteilte Delors eine Absage. Der unterschiedliche Status der Bundesländer und Regionen in den europäischen Nationalstaaten werde sich wegen alter Traditionen nicht rasch genug angleichen lassen. Gleichzeitig plädierte er dafür, die Möglichkeiten für eine spätere Institutionalisierung der Regionalvertretung offen zu halten.

Der bayerische Ministerpräsident Streibl forderte bei dem Treffen ein Klagerecht der Regionen vor dem Europäischen Gerichtshof, Mitsprache im Ministerrat, wenn es um die Interessen der Region gehe und einen europäischen Regionalrat. Außerdem trat er dafür ein, das Subsidiaritätsprinzip in den EG-Verträgen zu verankern. Danach zieht die übergeordnete Gemeinschaft nur solche Aufgaben an sich, die andere Ebenen nicht erfüllen können.

Die großen Fraktionen im Europaparlament unterstützen die Forderung der deutschen Bundesländer nach einer stärkeren Beteiligung der Regionen an den Entscheidungsprozessen für die Einigung Europas. Sie lehnen aber die Bildung einer Regionalkammer ab, erklärte der Regionalexperte der Sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Heinz Köhler, letzte Woche in Bonn. Eine solche dritte Kammer neben Ministerrat und Parlament würde zu einer „Atomisierung“ der Entscheidungen und damit zu einer Behinderung der weiteren Integration Europas führen, warnte Köhler.

Mit der gleichen Argumentation wandte sich der SPD-Politiker auch gegen die Forderung des Bundesrates, den einzelnen Regionen in der Gemeinschaft ein eigenes Klagerecht einzuräumen. Auch dies würde die Handlungsfähigkeit der EG in Frage stellen. Köhler unterstützte hingegen den Vorschlag, für die Vertretung der Interessen der Regionen und auch der Kommunen auf EG-Ebene einen Regionalausschuß zu schaffen, vergleichbar dem schon bestehenden Wirtschafts- und Sozialausschuß, der sich bewährt habe. Diesem Regionalausschuß könnte dann auch ein Klagerecht eingeräumt werden. bel