Und der Reichtum bleibt der Witwe

■ Die philippinische Regierung kämpft fünf Jahre nach dem Sturz des Diktators Ferdinand Marcos noch immer um die Rückgabe seines illegal erworbenen Vermögens/ Verhandlungen mit Imelda Marcos

Manila (ips/taz) — Seit dem Sturz des Marcos-Regimes vor fünf Jahren ist die demokratische Nachfolgeregierung auf der Jagd nach dem riesigen Vermögen, das der 1989 verstorbene Ex-Diktator vor seinem Sturz außer Landes gebracht hatte. Die mehrere tausend Paar Schuhe, die Imelda Marcos bei ihrer Flucht mit dem langjährigen Diktator der Philippinen, Ferdinand Marcos, zurückließ, wurden Symbol für die Gier des Herrscherpaares. Sie sind heute in einem Museum in Manila ausgestellt, allerdings sind sie nur ein kleiner Teil des Marcos-Vermögens, das auf fünf bis zehn Milliarden US-Dollar geschätzt wird.

Anfangs hatte die Jagd nach den Reichtümern des Ex-Diktators auf den Philippinen etwas Weihevolles. Heute ist das anders: Die Beteuerung, die Vasallen des alten Regimes müßten hinter Gitter, ist bloße Rhetorik, wenn sie denn überhaupt noch zu hören ist. Heute bemüht man sich, mit Imelda Marcos und anderen NutznießerInnen des Systems zu verhandeln.

„Unsere Aufgabe ist es nicht, Leute ins Gefängnis zu bringen, sondern den unrechtmäßig erworbenen Reichtum zurückzugewinnen“, sagt David Castro, Vorsitzender der „Presidential Commission on Good Government“ (PCGG), ein Regierungsausschuß, der mit der Zurückgewinnung der Marcos-Milliarden betraut ist.

In letzter Zeit setzt der Anwalt, der auf eine 15jährige einschlägige Praxis zurückblicken kann, eher auf große Deals als auf Prozesse. Letzten November einigte er sich mit Roberto Benedicto, einem ehemaligen Schulfreund von Ferdinand Marcos, der früher das staatliche Zuckervermarktungsmonopol geleitet hatte, auf Rückgabe von 100 Millionen US- Dollar an Vermögenswerten. In letzter Zeit hat sich Castro wenigstens viermal mit Imelda Marcos getroffen, um über eine mögliche außergerichtliche Einigung zu reden. „Sie scheint ernsthaft verhandeln zu wollen“, so urteilte Castro gegenüber der Dritte-Welt-Nachrichtenagentur 'ips‘.

Bei vielen Philippinos treffen diese Verhandlungen mit der raffgierigen ehemaligen First Lady und den noch immer mächtigen Marcos- FreundInnen auf ein tiefsitzendes Unbehagen. Als die Verhandlungen der PCGG publik wurden, reagierte die Öffentlichkeit mit einem Aufschrei. Doch nach Meinung Castros ist die neue Strategie nichts anderes als eine natürliche Folge der schwebenden Rechtsverfahren. Die Kommission hat in In- und Ausland Klagen über fünf Milliarden US-Dollar angestrengt. Die Hauptverhandlungen der meisten Rechtsstreitigkeiten stehen noch bevor. Dies sei genau der Zeitpunkt, an dem die Gerichte die Parteien aufforderten, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, rechtfertigt sich Castro.

Die Regierung hat durchaus Gründe für das pragmatische Vorgehen. Rechtsstreitigkeiten sind teuer und können sich Jahre hinziehen. Auf den Philippinen dauert ein solches Verfahren üblicherweise zehn Jahre. Die in den USA laufenden Prozesse haben die philippinische Regierung bereits acht Millionen US-Dollar und Imelda Marcos etwa 25 Millionen US-Dollar gekostet; der Ausgang der Verfahren ist für beide Seiten ungewiß. Kompromisse eröffnen der philippinischen Regierung die Möglichkeit, rasch an das dringend benötigte Geld heranzukommen. Bis dato hat die Regierung Aquino 400 Millionen US-Dollar in bar und eine Reihe von Vermögenswerten zurückbekommen — den größten Teil durch Deals mit sechs Marcos-Gefolgsleuten.

Außergerichtliche Einigungen entlasten die PCGG auch von der in etlichen Fällen äußerst schwierigen Beweisführung. Oft sind die vorhandenen Beweise nicht zwingend genug, um vor Gericht schlüssig darlegen zu können, daß ein Vermögen illegal erworben wurde. Durch einen Kompromiß bekäme der Staat wenigstens einen Teil dieser Summen zurück. Im Falle der Marcos-Witwe ist Castro optimistisch. Die Fünf- Milliarden-Dollar-Zivilklage wird vor einem US-Bundesgericht in Kalifornien verhandelt. Der wichtigste Streitgegenstand ist das Immobilienvermögen.

In der bereits abgeschlossenen Strafrechtsklage, die in New York verhandelt worden war, hatten sich die Ankläger auf mehrere tausend Seiten von Dokumenten gestützt, die die Bewegung der illegal erworbenen Mittel nachzeichnete. Dennoch war Imelda Marcos von der Anklage freigesprochen worden, weil durch die Dokumente nicht nachgewiesen werden konnte, daß sie an der illegalen Geschäftemacherei („racketeering“) beteiligt war.

Im Zivilgerichtsverfahren sind die Ausgangspositionen für die PCGG wesentlich günstiger. Denn auch wenn Imelda Marcos nicht an der Anhäufung des Reichtums beteiligt gewesen sein mag, muß sie ja noch lange nicht das Recht haben, lebenslänglichen Nutzen daraus zu ziehen. „Darum will sie auch mit uns reden“, ist Castro überzeugt. „Wenn unsere Klage nicht ein gutes Standbein hätte, würde sie nie einen Kompromiß in Erwägung ziehen.“

Politische BeobachterInnen befürchten allerdings, daß es für Präsidentin Corazón Aquino mehr als schwierig werden wird, der Öffentlichkeit einen Kompromiß zu verkaufen, nach dem Imelda Marcos einen Teil des Vermögens behalten kann. Doch die Bilanz der bisher von der PCGG geführten Prozesse ist eher traurig: Der einzige Erfolg, der bisher auf dem Justizweg erzielt werden konnte, war die Beschlagnahmung von 16 Autos, die sich ein Beamter der Marcos-Regierung angeeignet hatte. Auch auf strafrechtlichem Gebiet ist die Bilanz niederschmetternd: Kein einziger Angehöriger des Marcos-Clans ist bisher wegen der Ausplünderung der Philippinen im Gefängnis gewesen.