: Schokolade und Scud-Toto
Auf eine völlig abgefahrene, aber ziemlich leckere Friedensinitiative ist das japanische Kaufhaus „Parco“ in Matsumoto gekommen: An einem Sonderstand können Anhänger des Valentinstags besonders verpackte Schokolade kaufen, die sie statt an ihre Lieben an Saddam Hussein und George Bush schicken sollen, um ihnen das Einlenken im Golfkrieg zu versüßen. Auf der Schoko- Packung ist jede Menge Platz für hangeschriebene Friedensparolen. Inzwischen sind schon einige hundert von den süßen Dingern mit Aufschriften wie „Verzichtet wenigstens auf Chemiewaffen“ verscherbelt worden. Die zartbitteren oder sahnigen Friedensbotschaften sollen nach Ende der Aktion am 11. Februar den Botschaftern der beiden kriegführenden Staaten in Tokio übergeben werden. Meldungen, wonach der britische und der französische Botschafter stocksauer sein sollen, weil ihre Länder zwar auch wie wahnsinnig Bomben werfen, sie aber trotzdem keine Schokolade zu erwarten haben, konnten leider nicht bestätigt werden. Um gar nicht erst den Verdacht zu erwecken, es wolle aus der Friedensliebe seiner Landsleute Gewinn schlagen, wird „Parco“ den Erlös der Aktion dem Japanischen Roten Kreuz für die Kriegsopfer zur Verfügung stellen. Also kein Blut für Öl, sondern Schokolade für Blut.
Bei Ramat Gan in der Nähe von Tel Aviv wurde letzten Samstag die Wohnung von Robert Kadry, Vertreter der amerikanischen Firma, die in Israel die Abwehrraketen „Patriot“ vertreibt, von herabfallenden irakischen Scud-Trümmern getroffen und beschädigt. Nach Kadrys Angaben funktionieren die Patriots gut, leider jedoch keineswegs perfekt. Seit Beginn des Krieges wurden 30 irakische Raketen auf Israel abgefeuert. Wettbegeisterte Israelis haben jetzt aus den Scud-Angriffen ein neues „Glücksspiel“ entwickelt. Da seit Beginn des Golfkriegs keine Fußballspiele mehr stattfinden dürfen und damit auch das beliebte Toto ausfällt, haben sich findige Buchmacher in Haifa nun die augenblickliche Situation zunutze gemacht und ein Scud-Toto eingeführt. Auf einem speziell gedruckten Scud-Toto- Schein müssen die Zocker fünf Rubriken ankreuzen: „An welchem Tag schlägt die Rakete ein?“, „Trifft die Rakete Haifa?“, „Trifft die Rakete Tel Aviv?“ und schließlich, ob die Scud über Haifa beziehungsweise Tel Aviv abgeschossen wird. Gewinnen kann nur, wer alle fünf Fragen richtig beantwortet. Bleibt nur zu hoffen, daß die Fußballsaison bald weitergeht. Karl Wegmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
