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Werbe-Träger-Raketen der Firma Reynolds

Frankfurt (taz) — Mit 200 Reisetaschen und jeweils zwei Stangen Gratis-Zigaretten unterstützt Camel die Bundeswehrtruppe am Golf. Im Zuge des Pilotenaustauschs wurden die mit Werbeaufdruck versehenen Taschen vom Fliegerhorst Oldenburg nach Erhac geflogen, viele Soldaten hatten ihr Gepäck darin verstaut. Die Soldaten fanden die Sache „praktisch“, beim Hinflug am 6.Januar hätte man nur Seekisten zur Verfügung gehabt. Allerdings übten sie auch Kritik daran, daß sie zum Werbeträger gemacht würden.

Ein Sprecher der Bundeswehr bestätigte die von der deutschen Niederlassung des US-Tabakunternehmens Reynolds initiierte Werbeaktion. Ein ehemaliger Oberst der Bundesluftwaffe, der nach der Pensionierung in Camels Dienste getreten ist, soll die Ausstattung der Bundeswehrsoldaten in Erhac organisiert haben. Offenbar reagiert damit die deutsche Industrie auf die Anstrengungen von Weltmarken wie Coca Cola, sich durch direktes Sponsering der Truppe am Golf, erfolgreichen „Imagetransfer“ zu verschaffen. Die Boys an der Front sind trotz ihres mörderischen Geschäfts der aktuelle Sympathieträger Nummer Eins. Wo die Staaten mit Milliardenspenden für den Krieg nur so um sich werfen, können die Werbemaßnahmen der Industrie nicht überraschen — zieht sich das Gemetzel hin, wird man ohne milde Werbegaben kaum noch auskommen. Deshalb ist es nur noch eine Frage der Zeit (und längst nicht mehr des Geschmacks), bis die Jungs vor ihren Alpha-Jets die „Müller- Milch“-Hymne anstimmen. Daß CNN noch nicht dazu übergegangen ist, bei den elegant durchs Zeitlupenbild kurvenden Cruise Missiles einen PR-Wimpel anzuregen, ist eigentlich ein Rätsel. Auch den in diffusem Sonnenlicht dahingleitenden Panzern könnte man den einen oder anderen Werbeaufkleber (in Tarnfarbe) verpassen, und daß in erorberten Wüstenbastionen die US- oder UNO-Fahne gehißt wird, ist nun wahrlich kein Muß. Warum nicht ein Mercedes-Stern, oder das Signet von Hughes Aircraft, Lockheed oder IBM? Sony, Toyota und Co. kommen ebenfalls in Frage.

Der werbetreibenden Wirtschaft könnten hier wirklich „aggressive“ Werbemaßnahmen angeboten werden, ohne moralische Skrupel, schließlich handelt es sich um eine Friedensmission. Für die Zuschauer zuhause hätte das einen doppelten Vorteil. Erstens wird das Ganze durch diese Nebeneinnahmen erheblich billiger — ebenso wie die Kultur wird auch die Unkultur in Zukunft nicht allein aus dem Steuersäckel finanzierbar sein! —, und zweitens wird niemand mehr Rätsel raten, „wie das denn nun alles kommen konnte“. Dank Werbe-Träger-Raketen wären zumindest die Finanziers und Profiteure der Angelegenheit kein Geheimnis mehr. Mathias Bröckers

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