piwik no script img

Haitis „Père Titid“ wird Präsident

Port-au-Prince (taz) — Jean-Bertrand Aristide, der radikale Befreiungstheologe und Priester, ist gestern in sein Amt als Präsident Haitis eingeführt worden. Bei einer Zeremonie im Parlament legte er der scheidenden Übergangspräsidentin Hertha Trouillot den Amtseid ab. Zum Eid brachte „Père Titid“ drei Kinder aus einem vor kurzem niedergebrannten Waisenhaus mit. Es ist der erste demokratische Machtwechsel in dem verarmten Karibikstaat seit über dreißig Jahren und auch der erste, der die Massen derartig mobilisiert. Mittwoch nacht herrschte in den Straßen von Port-au-Prince Karnevalsstimmung, es wurde gesungen und getanzt. Am Morgen präsentierte sich die heruntergekommene Hauptstadt wie neu: In Eigeninitiative hatten die Slumbewohner die Straßen saubergemacht und mit Fahnen und Bildern ihres neuen Präsidenten geschmückt — und dies in einer Stadt, in der seit Jahren keine Müllabfuhr mehr stattfindet. Von Furcht vor Attentaten, wie sie noch bis zum Wochenende vorgeherrscht hatte, war gestern wenig zu spüren. Improvisation bestimmte die Stimmung in der Umgebung des neuen Präsidenten; das lockere Wahlbündnis aus Basisorganisationen, welches Aristides Wahlkampagne organisierte, verfügt noch über keine eingespielte Maschinerie, sondern stützt sich auf die Massenbasis in den Slums. Ob und wie sich dieser Zustand hält, bleibt abzuwarten — vorerst ist es ein Wunder, daß in diesem Staat ein solcher Machtwechsel überhaupt geschehen kann. Hans-Christoph Buch

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen