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IG Metall für Rüstungskonversion

Die Industriegewerkschaft fordert ein umfangreiches Programm zur Umstellung der Rüstungsproduktion auf zivile Güter/ Rund 200.000 Arbeitsplätze sind durch die Abrüstung bedroht/ Forderung nach „runden Tischen“  ■ Von Martin Kempe

Frankfurt (taz) — Rüstungsarbeitsplätze, so der IG-Metall-Vorsitzende Franz Steinkühler gestern auf einer Pressekonferenz, sind Risikoarbeitsplätze. Jahrelang haben die Rüstungskonzerne auf die Produktion von immer mehr und immer besseren Waffen gesetzt, in der Hoffnung auf den Monopolabnehmer Staat oder, wenn der die Produktion nicht auslasten konnte, den weltweiten Waffenmarkt. Jahrelang auch haben die Beschäftigten in den Rüstungskonzernen ihr Schicksal mit der Produktion von Waffen verbunden. Damit muß jetzt, nach dem Zusammenbruch der Ost-West-Konfrontation und nach Ausbruch des Golfkrieges, endlich Schluß sein. Die IG Metall will weg von der Waffenproduktion und fordert ein umfangreiches Rüstungskonversionsprogramm zur Umstellung auf zivile, ökologisch unbedenkliche Produktion.

Als Paradebeispiel dafür, daß derartige Produktionsumstellungen möglich sind, führte die IG Metall gestern das „Programm Umwelt- und Ressourcenschonung“ (PUR) in Augsburg an, eine Initiative zur ökologischen Sanierung eines durch Textilproduktion stark verseuchten Areals, an der sich der Rüstungsmulti MBB, die Stadt Augsburg und der Betriebsrat von MBB aktiv beteiligen. PUR zeigt nach Ansicht der Metaller die Möglichkeiten für die Umstellung der Todesproduktion auf sinnvolle Tätigkeiten. Die hochspezialisierten, technisch auf hohem Niveau arbeitenden Konzerne insbesondere im Luftfahrt- und Elektronikbereich könnten sich zum Beispiel ohne weiteres im Kampf gegen die verstopften Städte und Autobahnen nützlich machen:

—durch den Entwurf von neuen Verkehrssystemen, in denen die verschiedenen Verkehrsträger umweltschonend und effektiv miteinander kombiniert werden,

—durch die Entwicklung von Verkehrsleittechnik.

Auch in der Energietechnik finden sich mögliche Betätigungsfelder für die bisher auf Rüstung abonnierten Konzerne. Sie müssen nur wollen.

Multis tun sich schwer mit Konversion

Genau daran aber fehlt es häufig immer noch. Die vom Staat verwöhnten Rüstungskonzerne, so hat auch die IG Metall festgestellt, sind häufig unfähig geworden, sich auf das rauhere Klima des zivilen Marktes einzustellen. Andererseits stehen sie durch die im Zusammenhang mit der deutschen Einheit bereits vertraglich vereinbarten Abrüstungsschritte selbst unter Druck: Die Bundeswehr soll auf eine Höchststärke von 370.000 Soldaten abgebaut werden, die Beschaffungsprogramme werden abgebaut.

Die IG Metall rechnet damit, daß durch die geringere Waffennachfrage allein in ihrem Organisationsbereich rund 200.000 Arbeitsplätze unmittelbar gefährdet sind, wenn keine neuen, zivilen Beschäftigungsfelder erschlossen werden.

„Abrüstungs- und Arbeitsplatzsicherheit dürfen nicht zum Zielkonflikt werden“, heißt es in einem umfangreichen Arbeitsprogramm der Gewerkschaft zur Rüstungskonversion. Darin ist zusammengestellt, was nach ihrer Meinung alles für die Umstellung der Rüstungsindustrie auf zivile Produktion getan werden sollte. Schon seit Anfang der achtziger Jahre unterstützt die IG Metall Initiativen von friedensbewegten Beschäftigten und Vertrauensleuten in Rüstungsbetrieben, die in ihren Betrieben Arbeitskreise zur Rüstungskonversion gegründet hatten und unter dem Stichwort „alternative Produktion“ für ihren Betrieb Vorschläge für sinnvolle, gesellschaftlich nützliche Produkte erarbeitet hatten.

Derartige Arbeitskreise gab es in mehr als 20 Rüstungsbetrieben, vor allem bei den Werften in Norddeutschland. Aber in aller Regel konnten sich diese Initiativen gegen das Management nicht durchsetzen, das durchweg auf die Rüstung festgelegt war.

Diese Aktivitäten sollen nun auf alle Betriebe der Rüstungsbranche ausgeweitet und auf eine neue Stufe gebracht werden. Auf einer Konversionskonferenz im nächsten Jahr will die IG Metall diese Arbeit öffentlich präsentieren und damit den politischen Druck auf die Waffenproduzenten steigern. Gleichzeitig schlägt sie vor, im Bund und in allen Ländern „runde Tische“ zur Rüstungskonversion ins Leben zu rufen, an denen sich die öffentliche Hand, die Unternehmen und Gewerkschaften über Strategien und Finanzierung von Konversionsaktivitäten verständigen können. Denn in einigen Regionen mit besonders hoher Konzentration der Rüstungsfertigung, etwa im Stadtstaat Bremen, droht nach der Abrüstung der soziale Notstand. Tragfähige Übergangsprozesse, so die IG Metall, könnten nur durch Kooperation aller Beteiligten gefunden werden.

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