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Kroatien läßt Sitzung platzen

■ Auch die Slowenen zogen sich vom gesamtjugoslawischen Gipfel zurück/ Äußerer Anlaß war eine serbische Frauendemonstration, die angeblich nationalistische Stimmungen aufheizte

Belgrad (ap/dpa/taz) — Die mit großer Spannung erwartete Krisensitzung des jugoslawischen Staatspräsidiums ist wieder einmal geplatzt, denn die kroatische Führung entschied in letzter Minute, an der Sitzung nicht teilzunehmen. Anlaß für das Fernbleiben der kroatischen Vertreter war eine ihrer Ansicht nach „antikroatische“ Frauendemonstration in Belgrad, die zeitgleich mit der Sitzung angekündigt war. Damit solle im Sinne der größten Republik Serbien Druck auf die Vertreter der Gegenfraktion ausgeübt werden, beklagten sich die kroatischen Delegierten. Kurz darauf verließen auch die slowenischen Vertreter mit ähnlicher Argumentation die Sitzung. Dagegen nahmen alle anderen Delegationen wie auch die Vertreter der Armee an ihr teil, ohne jedoch etwas entscheiden zu können.

Tudjman wandte sich in einer Erklärung gegen „den bekannten Druck der Straße und eine Lynch-Atmosphäre“ und forderte erneut ein Gipfeltreffen in einer anderen Stadt des Landes. Die etwa 1.000 serbischen Frauen wollten in Belgrad gegen die „faschistische und terroristische“ Politik Kroatiens demonstrieren. Schon 1987 hatte die nationalistische Kampagne im Kosovo mit Frauendemonstrationen begonnen. Und 1989 waren die gegenüber Serbien kritischen politischen Führungen in den Landesteilen Montenegro und Vojvodina durch serbische Demonstranten zum Rücktritt gezwungen worden.

Damit ist ein neuer Versuch gescheitert, über eine gemeinsame oder getrennte Zukunft der jugoslawischen Völker zu verhandeln. Nach den letzten Äußerungen der Politiker sind deren Standpunkte so weit voneinander entfernt, daß offenbar nur noch eine Auflösung Jugoslawiens möglich erscheint. Sloweniens Regierungschef Lojze Peterle setzte sich am Freitag in Ljubljana einmal mehr für „ein vernünftiges Abkommen über die Trennung“ der Völker ein. Viele Politiker in Kroatien und Slowenien glauben, es gehe nur noch um die gerechte Aufteilung der Schulden und des jogoslawischen Vermögens unter den acht Republiken und Provinzen.

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