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Ein Schlappohr in Nahost

Genscher reist nach Ägypten, Syrien und Jordanien/ Gespräche über Friedensordnung geplant  ■ Von Ferdos Forudastan

Bonn (taz) — Um eine stärkere politische Rolle Deutschlands im Nahen Osten für die Zeit nach dem Golfkrieg vorzubereiten, reist Außenminister Genscher nächste Woche nach Ägypten, Syrien und Jordanien.

Sogenannte diplomatische Kreise in Bonn formulierten dieses Reiseziel freilich anders: In Gesprächen mit den Staatschefs und Außenministern dieser Länder wolle Genscher über „erste Elemente einer Friedensordnung nach Kriegsende“ sprechen und dabei auch „europäische Erfahrungen aus dem KSZE-Prozeß anbieten“. Außerdem will der deutsche Außenminister die politische Führung dieser Staaten „in ihrer Haltung gegen den Irak bestärken“.

Der schwierigste politische Balanceakt steht Genscher in Amman bevor: Erst vorgestern hat sich Jordaniens König Hussein in einer Rede mit dem heftig angegriffenen Irak solidarisiert und die Vereinigten Staaten ob deren Kriegsführung massiv kritisiert. Daß Genscher sich mühen wird, das im Golfkonflikt politisch neutrale Jordanien diplomatisch bei der Stange zu halten, wurde gestern ganz deutlich: König Hussein sei wegen der vielen Palästinenser eben in einer schwierigen Lage, hieß es in der Umgebung Genschers verständnisvoll.

Mit PLO-Vertretern wird der Außenminister nicht zusammentreffen. Obwohl die Organisation sich mit Iraks Hussein solidarisiert habe, so Bonner Diplomaten, sei sie „auf Dauer nicht von Gesprächen ausgeschlossen“.

Schließlich wird es bei der Nahostreise auch um Geld und Waffen für diese Region gehen. Syrien soll erstmals finanzielle Krisenhilfe bekommen. An Ägypten gehen auf dessen Wunsch Spürpanzer aus Beständen der NVA. Diese Information aus Regierungskreisen wollte das Auswärtige Amt allerdings offiziell nicht bestätigen. Überdies will Genscher nach Auskunft von Bonner Diplomaten bei seinem Besuch „die besondere deutsche Verantwortung gegenüber Israel offensiv vertreten“ — sprich: der arabischen Kritik an Waffenlieferungen für Israel begegnen. Arabische Waffenwünsche wolle der Minister mit dem Argument zurückweisen, Israel sei ein „begründeter Sonderfall“. Gleich nach der Reise setzt Genscher seine nah- und mittelöstlichen Aktivitäten in Bonn fort: Übernächste Woche erwartet er Irans Außenminister Velayati.

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