: Wasser als Waffe im Golf-Krieg?
Ankara (afp) — Während der Irak im Golfkrieg Öl verwendet, um die Alliierten unter Druck zu setzen, hat die Türkei Wasser als Waffe entdeckt. Über den strategisch wichtigen Atatürk-Staudamm in Südostanatolien haben die türkischen Behörden die Wasserzufuhr des Euphrat gedrosselt, der den Irak neben dem Tigris, der ebenfalls in der Türkei entspringt, mit Wasser versorgt. Offiziell wurde dies am Wochenende in Ankara mit „technischen“ Gründen gerechtfertigt. Die bereits vor einigen Tagen eingeleitete Reduzierung des Wasserdurchflusses sei nur „vorübergehend“, bis die Arbeiten am Fuße des Staudamms abgeschlossen seien, hieß es in dem Kommunique des Außenministeriums. Das Ministerium machte dabei allerdings weder Angaben über den genauen Beginn noch über die voraussichtliche Dauer der Arbeiten.
Die „technischen Gründe“, die das Außenministerium geltend machte, wurden von inoffizieller Seite stark angezweifelt. So meinte ein hoher Beamter des Nationalen Wasserdienstes (DSI) gegenüber der Zeitung „Cumhuriyet“, der Abfluß sei auf „Anordung der Behörden in Ankara“ seit dem 1. Februar um 40 Prozent von 500 auf 300 Kubikmeter pro Sekunde gedrosselt worden. Dahinter stünden politische Gründe, die mit dem Golfkrieg zusammenhingen.
Sollte sich Präsident Turgut Özal, der sich im Golfkrieg als Hardliner präsentiert, entschließen, die Wasserzufuhr weiter zu drosseln, würde dies für den Irak ernste Auswirkungen haben. Für Syrien würde die verringerte Wasserzufuhr noch reichen, für die 5,5 Millionen Iraker, die an den Ufern des Euphrat leben, bliebe dann aber kaum noch etwas übrig.
Die Aufteilung des Euphrat-Wassers ist schon seit fast 30 Jahren ein Streitpunkt zwischen Ankara, Damaskus und Bagdad. Im vergangenen Juni war ein weiteres türkisch- syrisch-irakisches Ministertreffen ohne Ergebnis abgebrochen worden. Ein halbes Jahr zuvor hatte Ankara für einen Monat die Schleusen des Staudamms fast ganz geschlossen, um das Auffüllen des Sees zu beschleunigen, und hatte sich damit massive Proteste Syriens und des Irak zugezogen. In der Vergangenheit hatten Bagdad und Damaskus Ankara mehrfach beschuldigt, das Euphrat-Wasser als Druckmittel zu benutzen. So habe die türkische Regierung auf diese Weise versucht, von seinen Nachbarn bessere Kontrollbefugnisse über die im Grenzgebiet lebenden kurdischen „Rebellen“ zu erhalten.
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