: Amerikas Autobauer rutschen in die Rezession
■ Die „Großen Drei“ verkauften 1990 weniger Autos als vor 40 Jahren
Frankfurt (dpa/taz) — Europas Autoindustrie hat auch 1990 trotz der ungebrochenen Offensive der japanischen Konkurrenz ihre dominierende Stellung im Weltautomobilbau behauptet. Das klassische Autoland USA verliert dagegen immer mehr an Bedeutung. Lediglich die Fertigung japanischer Modelle in den neuen US-Fabriken kaschiert die rasante Talfahrt der amerikanischen Autobauer.
Die drei Großen der Branche — General Motors, Ford und Chrysler — mußten im vergangenen Jahr ihre Fertigung um 16 Prozent auf 4,8 Millionen Personenwagen zurückfahren. Sie sackte damit auf das niedrigste Niveau seit mehr als 40 Jahren ab. Dagegen steigerten die japanischen „Transplants“ in den USA ihren Fließbandausstoß um 16 Prozent auf 1,3 Millionen Personenwagen und drängten die alteingesessenen „Großen Drei“ immer stärker in die Defensive. Insgesamt ist die Automobilproduktion in Nordamerika 1990 um neun Prozent auf 11,69 Millionen Personenwagen und Nutzfahrzeuge zurückgegangen.
Die großen Gewinner im Weltautomobilgeschäft waren im abgelaufenen Jahr die Japaner, auch wenn ihre Exporte im fünften Jahr hintereinander rückläufig blieben. Dies war aber in erster Linie auf die Ausweitung der ausländischen Produktionsstätten — insbesondere in Nordamerika — zurückzuführen. Dennoch erreichte die Pkw-Produktion in Japan mit annähernd zehn Millionen Fahrzeugen (plus zehn Prozent) ein neues Rekordvolumen, was allerdings zu Lasten der leichten Mini- Lastwagen mit einem Rückgang von zehn Prozent ging. Die Gesamtfertigung in Japan stieg um vier Prozent auf 13,5 Millionen Pkw und Nutzfahrzeuge.
Mit fast unverändert 15,2 Millionen Personen- und Lastwagen blieb die europäische Automobilindustrie aber weiter an der Spitze. Mit Ausnahme der Bundesrepublik schwächte sich für die Hersteller die Nachfrage auf allen großen Märkten jedoch ab — mit entsprechenden Folgen. In Großbritannien und Spanien, aber auch in Schweden gab es sogar erhebliche Absatzeinbußen. Zu leiden hat vor allem der schwedische Autokonzern Saab, der Ende letzter Woche eine nagelneue Fabrik nach nur 15 Monaten wieder schließen mußte. Die Nachfrage nach den nordischen Nobelkutschen hatte sich 1990 fast halbiert, Saab konnte nur noch 100.000 Autos absetzen — geplant war jedoch das Doppelte. Auch das Engagement von General Motors hilft Saab nicht mehr weiter. Der US- amerikanische Konzern hatte 1989 50 Prozent von Saab übernommen, dürfte aber angesichts seiner eigenen schlechten Situation eher auf ein noch weiteres Zurückfahren der schwedischen Produktion drängen.
Vom Nachfragesog aus der ehemaligen DDR partizipierten die Schweden kaum. Die OstbürgerInnen kauften hauptsächlich „made in Germany“, etliche französische und italienische Autos und in geringem Maße auch bei spanischen und britischen Anbietern.
Die westdeutsche Autobranche blieb — neben Japan — von der weltweit rückläufigen Produktionstendenz abgekoppelt. Aufgrund ihrer Sonderkonjunktur erreichte sie mit einem Zuwachs von 2,6 Prozent auf 4,98 Millionen Pkw und Nutzfahrzeugen einen neuen Höchststand. In diesem Jahr rechnet allerdings auch die deutsche Automobilindustrie mit einem Absatzrückgang.
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