: Seltsamer Winnie-Mandela-Prozeß
■ Vier Angeklagte und ein Zeuge sind verschwunden, andere Zeugen haben Angst
Johannesburg (dpa/ap) — Im Prozeß gegen die südafrikanische Bürgerrechtlerin Winnie Mandela, die wegen Entführung und Körperverletzung angeklagt ist, hat der oberste Gerichtshof in Johannesburg am Dienstag eine Pause eingelegt. Zwei Belastungszeugen waren nach Worten von Staatsanwalt Jan Swanepoel „zu verängstigt, um eine Aussage zu machen“, weil ein dritter Zeuge der Anklage seit Sonntag verschwunden und möglicherweise entführt worden ist. Eine Unterbrechung von mehreren Stunden half nicht weiter, am Nachmittag vertagte Richter Michael Stegmann das Verfahren auf den heutigen Mittwoch. Bis dahin soll der Ankläger Gelegenheit erhalten, seine Zeugen doch noch zur Aussage zu überreden.
Staatsanwalt Swanepoel hatte am Montag erklärt, der jetzt vermißte Zeuge Gabriel Pelo Mekgwe sei am Sonntag abend aus dem Pfarrhaus einer methodistischen Gemeinde in der Region von Johannesburg, wo er untergebracht war, verschwunden und seitdem nicht mehr gesehen worden. Die liberale Zeitung 'The Star‘ berichtete, Mekgwe sei zuletzt in Begleitung von drei Funktionären des ANC gesehen worden.
Mekgwe habe lange mit sich gerungen, ob er gegen die Frau von ANC-Vizepräsident Nelson Mandela aussagen soll, schrieb die Zeitung. Erst am vergangenen Wochenende habe er sich entschlossen, als Zeuge zur Verfügung zu stehen. Mekgwe, die beiden anderen Zeugen, Kenneth Kgase und Barend Thabiso Mono, sowie der später ermordete Stompie Seipei waren im Dezember 1988 in das Haus von Frau Mandela in der Schwarzensiedlung Soweto bei Johannesburg entführt und tagelang gefoltert worden. Sie hatten bereits bei einem früheren Prozeß zu Ungunsten von Winnie Mandela ausgesagt.
Nach Verlesen der Anklageschrift am Montag hatten sich Frau Mandela (56) und drei Mitangeklagte für „nicht schuldig“ erklärt. Die übrigen vier Angeklagten in dem Verfahren waren wiederum nicht erschienen. Sie waren unter der Auflage, sich wöchentlich bei der Polizei zu melden, aus der Untersuchungshaft entlassen worden und sind nach Polizeiangaben seit Dezember verschwunden.
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