„Krieg am Bildschirm“

■ Berliner Medienforum: Publikum auf Abrechnung mit Medien erpicht

Jede Gesellschaft hat die Medien, die sie verdient. Zu dieser lapidaren Feststellung, zwischen Publikum und Podium mehrfach artikuliert, konnten sich die Anwesenden während das Forum Krieg am Bildschirm in der Akademie der Künste die Hände reichen. Denn so uneinig war man sich nicht, ob krittelnder Skeptiker, geistreicher Zyniker oder selbstgerechter Macher. Es waren eher hehre Absichten der Veranstalter, die Eintracht nicht durch kontroverse Diskutanten aufs Spiel zu setzen: Man wollte, so Gastgeber Peter Lilienthal, die „wenige gute Berichterstattung in diesen Kriegstagen stützen“ und abseits der Medienhäuser ein spontanes „Instrument für alternative Information schaffen“.

Doch es wollte nichts herauskommen als das Wiederkäuen längst bekannter Statements. Allen voran die Wissenschaftsfraktion von Zukunftsforscher Robert Jungk und Journalistikprofessor Claus Eurich, Verfechter von Gegenöffentlichkeit und Kriegstechnikstopp. Trotz ihrer Feststellung „Medien und Waffen verkörpern heute die gleiche Technik“, versagte auch die friedensengagierte Professorin Christiane Floyd dem Publikum jede Stellungnahme zur gesellschaftlichen Verantwortung der Informatik. Bei den Berichterstattern kritische Selbstzufriedenheit: Cornelia Bolesch von der 'Süddeutschen Zeitung‘ hatte „durchaus Differenziertes“ in den Medien wahrgenommen, Jürgen Thebrath eine Monitor-Sendung zum Beweis gleich mitgebracht.

Offensichtlich war ein Mangel an medientheoretischen Positionen: Was ist die neue mediale Qualität dieses Krieges, und welche Konsequenzen hat sie für das Kriegsgeschehen und den Fernsehzuschauer? Das Publikum auf Abrechnung mit den Medien erpicht, ließ sich eine gute Chance entgehen. Ein unerfreulicher Abend, wäre da nicht die unkonventionelle Diskussionsleitung Heiner Müller, der den Gesprächsverlauf mehr verwirrte als lenkte: „Wer nicht hören will, muß fernsehen.“ F. Hartung/B. Schäfer