Wie Genosse Detlef Professor werden soll

■ Finanzsenator Grobecker versprach einem SPD-Politiker Stelle als Professor

Der Bremer SPD-Genosse, der Bürgerschaftsabgeordnete Detlef Griesche will sich beruflich verändern. Senator-Werden wäre doch nicht schlecht, oder wenigstens Senatsdirektor oder vielleicht lieber doch Professor? Was Detlef Griesche von anderen bremischen JobsucherInnen unterscheidet: Er kann seine Wünsche direkt mit dem Finanzsenator Claus Grobecker besprechen.

Bitte den grimmigen Herrn

Claus Grobecker

Dort fand Genosse Detlef auch ein offenes Ohr, wenn auch nicht für alle seine Wünsche. Denn als seinen Senatsdirektor stellte Grobecker den stellenlosen „Spaziergänger“ Dücker ein. Aber der Finanzsenator wußte entschädigen: Er schrieb dem „lieben Detlef“ deshalb am 19. Mai 89 einen Brief: „Lieber Detlef. Unser beider Vereinbarung war, etwas Attraktives, Sinnvolles zu machen, wo Du das, was Du kannst, auch einbringen kannst. Der Rektor der Hochschule für Öffentliche Verwaltung haut in'n Sack. Ich biete Dir an, Hochschullehrer an dieser Hochschule zu werden.“ Alle „Einzelheiten“ solle der „liebe Detlef“ mit Grobeckers Untergebenem Klaus-Dieter Fischer besprechen. Und Fischer kümmerte sich.

Inzwischen, knapp zwei Jahre später, ist Detlef Griesche deshalb fast am Ziel seiner Wünsche. Am Montag, den 4. Februar, entschied die Berufungskommission an der „Hochschule für Öffentliche Verwaltung“ einstimmig, daß Griesche Professor für Politikwissenschaft werden solle.

Das Berufungsverfahren an der Hochschule wies jedoch eine Reihe von Merkwürdigkeiten auf. Erstens hatte es an der Hochschule seit über fünf Jahren keine Berufungen mehr gegeben, doch die Stelle „Politikwissenschaft“ wurde umstandslos eingerichtet. Der Hochschullehrer Prof. Dr. Friedrich Lehmann, der der Berufungskommission vorsteht: „Wenn es nach reiner Priorität gegangen wäre, wäre die Stelle Politikwissenschaften nicht an erster Stelle gekommen. Der Bereich ist relativ einfach über Lehraufträge abzudecken.“

Zweite Merkwürdigkeit: Die Stelle „Politikwissenschaften“ wurde nicht — wie sonst üblich - überregional in der „Zeit“ ausgeschrieben, sondern nur im Beiblatt zum bremischen Amtsblatt und nur in der Ferienzeit (August 1990). Dies hatte der Hochschullehrer Ekke Dahle in der Sitzung des Hochschulrates moniert. Der Rektor und Genosse Wesche hatte jedoch entgegnet, die dem Finanzsenator unterstehende „Senatskommission für das Personalwesen“ sei der Ansicht, in Bremen stünde „eine ausreichende Anzahl von Bewerbern zur Verfügung“.

Dritte Merkwürdigkeit: An den Sitzungen der Berufungskommission nahm als ständiger Gast des Finanzsenators Mann für die „Einzelheiten“, Klaus- Dieter Fischer, teil.

Vierte Merkwürdigkeit: Auf die Stellenanzeige kamen nur zwei Bewerbungen. Die vom Genossen Detlef und die einer promovierten Bewerberin. Ein Mitglied der Hochschule: „Es wußten doch alle, die in Bremen als Bewerber in Frage kamen, daß man Griesche unterbringen wollte und daß Bewerbungen zwecklos waren.“

Den Herrn

hinterm

Rednerpult

Detlev Griesche

Fünfte Merkwürdigkeit: Die Mitbewerberin, die eine Doktorarbeit und eine zweiseitige Veröffentlichungsliste vorzuweisen hat, wurde aus dem Verfahren rausbugisert. Sie habe kein „einschlägiges Studium“ absolviert. Die promovierte Bewerberin hat Philosophie, Soziologie und Geschichte studiert. Detlev Griesche, so steht es im „Handbuch der Bremischen Bürgerschaft“, hat ein „Universitätsstudium in Deutsch, Pädagogik und Politik“ absolviert und das „Staatsexamen für das höhere Lehramt“ erworben. Mit einer Promotion war er an der Bremer Uni gescheitert. Zwei Gutachter, die Uni-Professoren Kuhlenkamp und Schlutz, bescheinigten Griesche jedoch, seine Leistungen seien „promotionsadäquat“.

Wenn im März der Hochschulrat Detlef Griesche zum Professor vorschlägt, wartet der Lohn für die Mühen: Drei neue Professorenstellen hat Finanzsenator Grobecker zugesichert. Barbara Debus