Orientalische Tribüne

■ "Kuwaitis wollen ihr Geld nur für sich"

Bunathara Ahmad (Name geändert) wurde in Kuwait geboren. Er ist Palästinenser, hat einen jordanischen Paß und ist seit November in Bremen. Das Gespräch fand eine Stunde vor Ankündigung des irakischen Rückzugs aus Kuwait statt.

taz: Hast Du Hoffnung, daß Du einmal nach Kuwait zurück kannst?

Bunathara Ahmad: Wenn der Krieg zu Ende ist, vielleicht. Aber dann wird für zwei, drei Jahre auch erstmal alles kaputt sein, und es wird nicht viel Geschäfte und Arbeit geben. Die Irakis haben ja alles geklaut. Hier möchte ich jetzt Deutsch lernen, dann kann ich in deutschen Firmen arbeiten, die im Nahen Osten tätig sind.

Du meinst auch in Kuwait?

Ja, aber auch in anderen Ländern. Ich bin ein Geschäftsmann für Computer. Wir hatten auch früher in Kuwait soviel geschäftliche Beziehungen mit Deutschland. Da kann ich mit Deutsch auf jeden Fall eine Arbeit finden.

Mein Vater ist jetzt noch in Kuwait. Er hat dort soviel Geschäfte und Geld, daß er nicht einfach weggehen kann. Außerdem ist er ein bißchen alt...

Er hätte lieber fliehen sollen?

Nein, er wollte nicht, wegen der Geschäfte.

Aber die laufen doch jetzt sowieso nicht.

Nein, aber nach dem Krieg wieder. Mein Vater hat gesagt: Ich habe alles hier, was ich in meinem Leben erarbeitet habe. Da kann ich nicht weggehen.

Hat er keine Angst?

Nein, er ist Palästinenser. Wir haben schon soviel Kriege und Probleme mitgemacht, da ist es ihm egal. Früher ist er einmal aus Palästina geflohen, und jetzt sagt er: Das mache ich nie wieder.

Auch Du hast keinen kuwaitischen Paß?

Nein, das ist auch schlecht in Kuwait. Ich bin dort geboren, ich bin dort zur Schule gegangen, aber ich habe keinen Kuwaiti-Paß. Deshalb würde ich auch jetzt kein Gewehr für sie in die Hand nehmen. Ich werde dort nicht als Kuwaiti behandelt, deswegen werde ich auch nicht für sie kämpfen.

Die Kuwaitis haben sehr viel Geld, aber sie wollen es immer nur für sich. Sie sitzen den ganzen Tag dumm im Büro rum und machen nichts. Als ich dort gearbeitet habe, habe ich auch so viel Geld gemacht. Aber Geld ist nicht alles.

Du warst in Kuwait als der irakische Einmarsch war. Als dann die USA nach Ablauf des UN-Ultimatums den Krieg gegen Irak eröffnet haben, fandest Du das richtig oder falsch?

Das ist eine schwere Frage. Ich bin weder für den Irak noch für die USA. Ich bin in der Mitte. Saddam ist ein Diktator, aber er ist sehr schlau. Und auch für die Amerikaner ist der Krieg sehr gut.

Saddam hätte Kuwait nicht nehmen dürfen. Aber es ist auch nicht richtig, daß die Amerikaner nach Saudi-Arabien gekommen sind. Wir hatten so viele Probleme mit Israel, so viele Palästinenser sind gestorben, aber die USA haben nie etwas dagegen gemacht. Immer haben sie UN-Resolutionen mit ihrem Veto verhindert.

Würdest Du Dir denn wünschen, daß Kuwait wieder als eigenes Land existiert?

Zuerst müssen die Kuwaitis ihr politisches System ändern. Wir brauchen dort mehr Demokratie, und sie müssen auch anfangen, den anderen arabischen Ländern zu helfen, zum Beispiel auch dem Irak. Genscher hat in Jordanien jetzt 50 Millionen Dollar bezahlt. So ist es richtig.

Auch die anderen Golf-Staaten müssen ihre ökonomischen Systeme ändern. Heute stecken sich die Regierungen dort das Geld nur in die eigene Tasche. Oder sie investieren es in Europa, nicht aber in den arabischen Ländern — warum?

Hast Du Hoffnung, daß es solche Änderungen geben wird?

Ja, ich glaube, sie müssen das lernen. Jetzt haben sie es auf die harte Tour mitgekriegt. Jetzt ist Kuwait kaputt und sie müssen erstmal ein neues Kuwait aufbauen. Fragen: Dirk Asendorpf