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Schnee, Schnee, nochmals Schnee

■ Großversuch »Autofreie Stadt« geht weiter/ Männer und Eiszapfen werden gefährlich/ SchneeschieberInnen für sechs Mark die Stunde gesucht

Berlin. Der Schnee wird höher. Die Mitarbeiter des Meteorologischen Dienstes sagten für den gestrigen abend voraus, daß die Schneedecke um weitere fünf bis zehn Zentimeter steigen werde. Die anarchistische Wetterlage wird allerdings die Hauptstadtordnung nicht vollends unter einer weißen Decke verschwinden lassen. 200 Räum- und Streufahrzeuge werden alleine auf den Straßen und Gehwegen im Ostteil der Stadt den Winter versalzen.

Doch den staatlichen Ordnungsmaßnahmen zum Trotz gehen die Massendemonstrationen für eine autofreie Stadt weiter: gestern benutzten zusätzlich 600.000 Bürger (BVG-Schätzung) Busse und Bahnen im Westteil der Stadt. An schneefreien Tagen kutschieren die Verkehrsmittel im Durchschnitt gut drei Millionen Fahrgäste. Im Ostteil sind es rund 1,4 Millionen.

Der S- und U-Bahn-Verkehr verlief gestern störungsfrei. In Ahrensfelde am Ostberliner Stadtrand entgleiste alledings eine Straßenbahn, weil eine Weiche zugefroren war. Menschen wurden dabei nicht verletzt. Auch die Busse hatten Probleme und kamen zum Teil zu spät.

Der Winter macht besonders die Männer gefährlich. In der Nacht auf Freitag wurden alle drei schweren Verkehrsunfälle von motorisierten Vertretern ihres Geschlechts verursacht. In Friedrichshain raste ein 19jähriger Mann aus Dresden gegen eine Laterne. Zusammen mit dem Beifahrer mußte er ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ein 20jähriger fuhr in Spandau zu schnell und schleuderte gegen ein anderes fahrendes Auto, das gegen einen geparkten Anhänger prallte. Danach rammte der Wagen des 20jährigen noch einen Baum. Die Beifahrerin des 20jährigen kam zusammen mit der Fahrerin des anderen PKWs ins Krankenhaus. In Pankow schlidderte ein 31jähriger über die Gegenfahrbahn gegen eine Laterne. Auch er mußte ins Krankenhaus. Von diesen Vorkomnissen abgesehen, meldet die Polizei allerdings »relativ normale« Verhältnisse.

Obwohl es am Donnerstag nicht brannte, mußte die Feuerwehr 20 mal ausrücken — Eiszapfen abschlagen. Sonst hätten die spitzen Winterdolche von Dachkanten und Fassadenvorsprüngen herabfallen und Menschen verletzen können. Sie werden aber nachwachsen, denn mit Tauwetter ist frühestens in der kommenden Woche zu rechnen. Bis dahin beschert uns das Tief »Fortuna« von den britischen Inseln Schneeflocken und Kälte. diak/thok

Die Stadtreinigungsbetriebe der östlichen Stadtbezirke brauchen SchneeschieberInnen. Wer für sechs Mark die Stunde früh aufstehen will, kann sich täglich bis 5.30 Uhr bei den Betrieben melden. Personalausweis und Sozialversicherungsheft sind mitzubringen.

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