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Bonn apart: Habt Erbarmen!

■ Die neue Frauenministerin und die JournalistInnen

Das Los der Rita Süssmuth bleibt auch ihr nicht erspart: Obwohl die neue Frauenministerin Angela Merkel, CDU, auf ihrer ersten Pressekonferenz in Bonn so gerne nur über die Infas-Studie zu „Frauen in den neuen Bundesländern“ reden würde, fragen die JournalistInnen andauernd nach dem Paragraphen 218. Und wie sich die Ostfrau im Kabinett Kohl da windet und wendet, es ist zum Erbarmen: „Die Meinung der Frauenministerin habe ich doch in gewisser Weise schon angedeutet“, versucht sie einen hartnäckigen Nachfrager loszuwerden. Zuvor hat sie verkündet, die Novellierung des Paragraphen 218 müsse „im Rahmen des Staatsvertrages“ und „verfassungskonform“ sein. Sichtlich erleichtert verrät sie den JournalistInnen, daß weder sie noch die neue Familienministerin Hannelore Rönsch für den Gesetzentwurf so richtig zuständig sind: Den strafrechtlichen Teil macht Justizminister Kinkel, außerdem werde das Gesetz nicht von der Regierung, sondern von „Parlamentsinitiativen“ eingebracht.

Auch bei dem anderen Thema, das vielen Frauen in Ost und West unter den Nägeln brennt, hat die Ministerin schon eine Schlappe erlebt: Für das Erhalten der Kindergartenplätze in den neuen Bundesländern will die Regierung im nächsten halben Jahr nicht mehr als eine Million rausrücken. Das ist gerade mal ein Drittel des benötigten Geldes. Und Finanzminister Waigel ließ keinen Zweifel daran, daß er darüber hinaus nichts mehr zahlen will. „Ich werde mich dafür einsetzen, daß man noch was anderes versucht“, sagt die Ministerin. Auf die Frage, wie sich die Arbeitslosigkeit vieler Mütter und Väter auf die Familien auswirke, meint sie gequält: „Man kann sagen, daß die gute Laune verflogen ist.“

Gut, daß sich der Bundeskanzler in diesen schweren Zeiten wenigstens um die Arbeitsplätze in der Regierung sorgt. Womöglich hat er das Ministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit nur deshalb dreigeteilt, um jede Menge neuer StaatssekretärInnen einstellen zu können. Zweistellige Millionenbeträge will er dafür lockermachen. Eine weitere großzügige Geste: Sein alter Kumpel Warnfried Dettling, bislang Leiter der Abteilung Jugend im Familienministerium, ist ihm schon länger lästig. Er redet zu oft mit Journalisten, versteht sich zu gut mit Heiner Geißler. Kohl schickt den 48jährigen jetzt in den einstweiligen Ruhestand — mit 9.000 Mark im Monat fürs Nichtstun. Tina Stadlmayer

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