„Wo sind wir denn?“

■ Thomas Müller, Weltmeister in der Nordischen Kombination, wurde aus dem Kader geworfen

Berlin (taz/dpa) — Den Mund aufzumachen, war schon immer eine gefährliche Sache im deutschen Sport. Das mußte nun einmal mehr Thomas Müller erfahren, der in der Nordischen Kombination Mannschaftsgold bei den Weltmeisterschaften 1985 und 1987, sowie bei den Olympischen Spielen 1988 gewann. Der 29jährige Müller hatte, nachdem das Team im Val di Fiemme nur den vierten Platz belegt hatte, Bundestrainer Konrad Winkler, früher Weltmeister im Trikot der DDR, im Zielraum scharf angegriffen und ihm falsche Trainingsplanung und „Ostmethoden“ vorgeworfen.

Am Donnerstag fuhr er dann nach Hause, wie Detlef Braun, Sportwart des Deutschen Ski-Verbandes (DSV), behauptet, ohne sich abzumelden. „Stilbruch“ habe Müller damit begangen, der Verband strich den Sportler aus dem B-Kader des DSV, für die restlichen Weltcups der Saison wird er nicht gemeldet. Es sei, so Braun, der Trainerschaft nicht mehr zuzumuten, mit ihm zusammenzuarbeiten.

„Ich bin nicht abgehauen und hatte bereits vorher angekündigt, am Donnerstag abzureisen“, rechtfertigt sich Müller, im übrigen sei er „sprachlos und enttäuscht“. Die Suspendierung stehe in keinem Verhältnis zu seinen Äußerungen. „Ich komme mir vor wie ein böser Bube. Wo sind wir denn?“ wundert sich der Tübinger Sportstudent, der schon gegen die Berufung Winklers zum Bundestrainer Anfang 1990 heftig opponiert und seine WM-Vorbereitung auf eigene Faust absolviert hatte.

Jochen Behle, 1987 selbst gesperrtes Maulkorbopfer des DSV, findet Müllers Ausschluß in der Sache gerechtfertigt, weil eine „persönliche Beleidigung des Trainers“ vorliege, meint aber: „Man hätte doch zuerst mit dem Sportler sprechen müssen.“ Stilbruch eben.

Sogar der umstrittene Konrad Winkler, dessen Vertrag mit dem DSV bis 1992 läuft, war von der Blitzaktion seine Sportwartes Braun überrascht: „Das war eigentlich anders geplant.“