: Bürgerbewegung ist sich nicht grün
■ Bürgerbewegungsgruppen wollen Zersplitterung überwinden/ Sonderweg im Freistaat Sachsen
Berlin (taz) — Die Basisgruppen der Bürgerbewegung in den fünf neuen Bundesländern wollen sich vereinigen. An der Frage wie und wer mit wem droht allerdings eine neue Spaltung. Am Samstag befürworteten Landesvertreter von Grünen und Neuem Forum in Sachsen mit großer Mehrheit, daß sich alle vier — also auch die kleineren Gruppen Demokratie Jetzt (DJ) und die Initiative für Frieden und Menschenrechte (IFM) — per Urabstimmung der Mitglieder sich zu einer gemeinsamen Organisation „Bündnis 90/Grüne“ in Sachsen zusammentun sollen.
Was die Frage der Vereinigung der Gruppen des Herbstes 89 so drängend macht, ist die abnehmende Zahl aktiver Mitglieder. Und von den Millionen, die sie unter der Modrow-Regierung als „Chancenausgleich“ erhalten haben, sind effektiv arbeitende Büros nicht mehr lange zu finanzieren. Zudem haben sich die lokalen Basisgruppen schon zu den diversen Wahlen kommunal und landesweit zusammengeschlossen. Die Fraktionen drängen die Basis, den Schritt des Zusammenschlusses endlich nachzuvollziehen. Dem Zweckbündnis der Parlamentarier müßten „Arme und Beine wachsen“, plädierte Werner Schulz (MdB, NF) in Dresden. Die Grünen hatten die Tür für ein regionales Bündnis offengehalten, indem sie sich vorerst nicht der Bundespartei organisatorisch anschlossen. In Brandenburg tagten am Samstag NF, IFM und DJ ohne die Grünen. Zum Landtag Brandenburg hatten die Grünen gegen die anderen Bürgerbewegungen kandidiert und waren gescheitert. Auf der Ebene der Landesvorstände herrscht noch die Eiszeit. 56 Anwesende beschlossen Urabstimmungen für einen Zusammenschluß — hier zogen 20 Vertreter des Neuen Forums aus, die strikt gegen parteiähnliche Strukturen sind. Thomas Schulz (NF) erklärte den politischen Hintergrund: „Wir sind eine Nischenbewegung und damit müssen wir leben.“ Der Fraktionsvorsitzende von „Bündnis 90“ im Landtag, Günter Noke, warnte dagegen, wer jetzt nicht mitziehe, werde „politisch handlungsunfähig“.
Die Politik des Zusammenschlusses ohne Grüne war Anfang Februar von einer Versammlung zwischen DJ und IFM beschlossen worden. Das Neue Forum war dazu nicht geladen. Gegen den dortigen Basistrend setzen Strategen bei DJ und IFM auf eine Spaltung der West- Grünen. Deren Realo-Teil könnte sich mit ihnen zu einer Partei zusammentun, als Gründungstermin wird der Oktober 91 genannt. K.W.
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