: Frankreichs TV: Schnauze voll von der Zensur
■ Staats- und Privatsender wollen nach dem Ausschluß ihrer Teams von der Front die Kriegsberichterstattung boykottieren
Paris (dpa) — Mit ihren ausgefeilten Zensurmethoden sind die französischen Streitkräfte im Golfkrieg möglicherweise über ihr Ziel hinausgeschossen. Denn nach dem gestrigen Ausschluß der französischen Fernsehteams von der Frontberichterstattung erklärten Staatsfernsehen und Privatsender gleichermaßen, sie würden die von militärischen Propagandaexperten vorproduzierten Frontberichte boykottieren.
Dabei hatten sich Fernsehanstalten wie Printmedien von Anfang an auf die „verantwortungsbewußte“ Berichterstattung eingelassen, um alle Irritationen an der „Heimatfront“ zu vermeiden. Nur die kommunistische Parteizeitung 'L'Humanité‘ hatte als einzige gegen den Golfkrieg angeschrieben.
Doch der Unmut über das strikte Zensurregime wuchs, nachdem ein Kamerateam des Staatssenders FR3 aus Saudi-Arabien ausgewiesen worden war. Das Fernsehteam hatte ohne Militärbegleitung an der Grenze zu Kuwait drehen wollen und war dabei von US-Truppen überrascht worden, die sofort die Abschiebung der Störenfriede veranlaßten. Die französiche Intervention gegen diese Maßnahme sei — so die offizielle Verlautbarung — zu spät gekommen.
Die Ankündigung der Streitkräfte, die Fernsehaufnahmen nicht nur zu kontrollieren, sondern gleich ganz selbst anzufertigen, brachte das Faß jetzt zum Überlaufen. Wenn die Bodenoffensive beginnt, wird es dennoch keine schwarzen Bildschirme geben. Denn im Kampf um die Einschaltquoten können die Fernsehanstalten weiterhin spektakuläre — auch zensierte — Bildberichte des US-amerikanischen Senders CNN beziehen.
Doch es gibt noch Hoffnung: Der Pressechef der französischen Streitkräfte, General Raymond Germanos, kündigte ein eintägiges „Experiment“ mit zwei schreibenden Journalisten an, die „zu Plätzen nahe der endgültigen Positionen“ der Truppen geführt werden sollen. Vom Ergebnis dieses Experimentes hänge auch die Reaktion auf die „Forderungen der Fernsehanstalten“ ab, ein eigenes Team an die Front zu schicken.
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