: Berlin muß Treibhausgase reduzieren
■ Wirtschaftssenator Meisner fordert Minderungsplan für Kohlendioxid/ Selbstverpflichtung aus europäischem Klimabündnis muß erfüllt werden/ Strompreise können trotzdem sinken
Berlin. Einen Kohlendioxid-Minderungsplan für Berlin hat Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD) in einem Gespräch mit der taz gefordert. Ein derartiger Plan sei auf jeden Fall nötig, um den Ausstoß des Treibhausgases zu reduzieren. »Da werden wir rangehen«, versicherte der Senator, zu dessen Ressort auch die Energieaufsicht gehört.
Bei der Frage des Treibhauseffektes ist der Senat in der Pflicht. Die Stadtregierung hatte Ende November beschlossen, dem »Klimabündnis europäischer Städte« beizutreten. Damit verbunden ist die Selbstverpflichtung Berlins, bis zum Jahr 2010 den Kohlendioxidausstoß pro Kopf der Bevölkerung um die Hälfte zu reduzieren.
Meisner will freilich keine Prognosen abgeben, ob das ehrgeizige Ziel zu erreichen ist. Es werde »im Endeffekt sehr schwer werden«, sagte der Senator. Vor allem im Ostteil gebe es »ungeheure Einsparpotentiale«. Die Fernwärme, die dort eine große Rolle spiele, werde bis heute »technisch und energiewirtschaftlich unwirtschaftlich eingesetzt«. In Ost-Berlin müsse nicht nur eine bessere Regelungstechnik installiert werden, auch eine »ökologische Bewußtseinsbildung« sei nötig. Meisner wörtlich: »Die Menschen in der DDR waren an eine höhere Raumtemperatur gewöhnt als im Westen.«
Daneben müsse ein Programm aufgelegt werden, um die zahllosen Heizwerke der Ebag in Ost-Berlin zu Heizkraftwerken umzurüsten, die neben Wärme auch Strom erzeugen können und die damit die eingesetzte Primärenergie besser verwerten. Dies sei »der nächste Schritt«, sobald die Übernahme der Ebag durch die Westberliner Energieversorgungsgesellschaft Bewag abgeschlossen sei. Diese Vereinigung wolle die Bewag bis Jahresende »vollzogen haben«, sagte der Senator: »Ich dränge da auch auf Tempo.«
Keinen Anreiz zum Energiesparen sieht Meisner in den hohen Strompreisen im Westteil der Stadt. Wenn der Preis hier um sechs Pfennig höher sei als im Umland, führe dies lediglich dazu, daß stromintensive Industrien ins Umland abwanderten. Andererseits sei ein teurer Tarif ein weiterer Standortnachteil für die ohnehin gebeutelte Industrie der Stadt.
»Wenn die Stromtrasse fertiggestellt ist, gibt es die Möglichkeit, den Strompreis so zu gestalten wie im Umland«, prognostizierte Meisner. Es existiere ein »ökonomischer Druck«, die Stromtrasse durch Spandau rasch fertigzustellen, um auf diese Weise Zugang zu billigerem Verbundstrom aus Westeuropa zu bekommen, räumte der SPD-Politiker ein. Gemäß der Koalitionsvereinbarung werde noch bis zum 31. März geprüft, ob die vom rot-grünen Senat beschlossene Kabellösung oder ob eine Freileitung vorteilhafter sei.
Entscheidend bei dieser Prüfung sei, ob eine im Rahmen der Wasserstadt geplante Havelbrücke gebaut werde. Wenn ja, könnten die Drähte einer Freileitung in dieser Brücke »eingehängt« werden, in diesem Fall führe die Freileitung dazu, daß viel Zeit und Geld gespart werden könne. Andernfalls könne man die zeitlichen und ökonomischen Vorteile der Freileitung »schon vergessen«. Weil die Havel nicht mit Masten überspannt werden kann, ohne die dort zahlreich ziehenden Vogelschwärme zu gefährden, käme hier nur eine Unterquerung per Kabel in Frage — eine Sache, die den Preis und die Bauzeit einer Freileitung drastisch nach oben treiben würde. Hans-Martin Tillack
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