: Eritrea-Gespräche vor Durchbruch?
■ Äthiopiens Regierung ist angeblich zur Gewährung von Autonomie an Eritrea bereit
Berlin (taz) — Nach Informationen aus Washington ist die Regierung von Äthiopien bereit, dem seit dreißig Jahren für seine Unabhängigkeit kämpfenden Eritrea Autonomiestatus zu gewähren. Diese überraschende Einwilligung soll im Vorfeld der Direktverhandlungen zwischen Äthiopien und der eritreischen Befreiungsfront EPLF erfolgt sein, die gestern in Washington beginnen sollten. Die Verhandlungsrunde ist auf Wunsch der EPLF auf heute verschoben worden. Eine direkte Stellungnahme der beiden Konfliktparteien war nicht zu erhalten.
Die am Roten Meer gelegene ehemalige italienische Kolonie Eritrea wurde 1962 von Äthiopien annektiert. Seitdem findet ein Guerillakrieg statt, in dessen Verlauf die EPLF nach und nach fast die gesamte Region unter ihre Kontrolle gebracht hat — mit Ausnahme der Hauptstadt Eritreas, Asmara.
Nachdem eine erste Direktverhandlungsrunde im Oktober vergangenen Jahres scheiterte, legte die US- Regierung im November einen Friedensplan vor, der eine international zu garantierende Autonomie für Eritrea vorsieht. Nach einigen Jahren könnte dann eine Volksabstimmung über die mögliche Unabhängigkeit des Landes erfolgen. Damit würde praktisch die 1962 beendete äthiopisch-eritreische Föderation wiederhergestellt. Dieser Plan soll nun — zumindest in einigen Punkten — von der äthiopischen Regierung akzeptiert worden sein. Die EPLF ihrerseits will die Reihenfolge umkehren und zuerst eine Volksabstimmung durchführen lassen, bevor eine Entscheidung über den Status von Eritrea — ob als autonomer Bundesstaat oder in anderer Form — gefällt wird. Sie ist sich sicher, daß in einem Referendum die Eritreer für die vollständige Unabhängigkeit stimmen würden.
Bisher hat die äthiopische Regierung strikt abgelehnt, an der „territorialen Integrität“ Äthiopiens zu rütteln. Auch die USA haben jüngst ihren Willen bekräftigt, die bestehenden Grenzen nicht zu verändern. Somit ist fraglich, ob die neue US- äthiopische Einigkeit von den Eritreern begrüßt werden kann. D.J.
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