: Das Sprachrohr Saddams
■ Der Außenminister ist ein alter Weggefährte seines Führers PORTRAIT
Berlin (taz) — Der irakische Außenminister Tarik Asis, derzeit in einer wahren Shuttle-Mission zwischen Bagdad, Moskau und Teheran unterwegs, ist seit Jahren das Sprachrohr Saddam Husseins außerhalb des Nahen Ostens und bringt für diese Aufgabe viel diplomatische Erfahrung, taktisches Geschick und auch verbale Anpassungsfähigkeit mit. Der lebhafte Politiker wußte schon mehrfach den Kurs seines Führers im Westen zu verkaufen, beispielsweise während des iranisch-irakischen Krieges, als er in einem Interview mit einer US-Fernsehgesellschaft den politischen Preis für die Unterstützung seines Landes durch die USA bereitwillig zu zahlen schien. Er erklärte, der Irak würde „jede gerechte, ehrenhafte und dauerhafte Lösung zwischen den arabischen Staaten und Israel“ unterstützen. Asis fügte hinzu: „Irak sieht sich nicht als direkte Konfliktpartei, weil Israel keinen Teil des irakischen Bodens besetzt hält.“ Eine Äußerung, die damals in Washington sicher positiu aufgenommen wurde.
Tarik Asis, der einzige Christ in der irakischen Führung, heiß eigentlich Mikhail Yuhanna. Ein christlicher Name, mit dem er nicht viel werden konnte und den er deshalb auch ablegte, ohne jedoch zum Islam zu konvertieren. Asis wurde 1936 in der nordirakischen Stadt Mossul geboren und gehört damit innerhalb der Führungsspitze zur „Mossul-Fraktion“. Die Stadt galt als ein Zentrum des arabischen Nationalismus. Anders als noch bis Mitte der siebziger Jahren ist seither die Herkunft aus Saddam Husseins Geburtsort Takrit nicht mehr das einzige Kriterium für den Aufstieg.
Asis studierte an der Universität von Bagdad englische Literatur. Schon früh stieg er in den Kreis der Führungskader der Baath-Partei, die 1968 an die Macht kam, auf und ist damit ein alter Weggefährte Saddam Husseins. Zehn Jahre lang, von 1969 bis 1979, fungierte er als Herausgeber und Chefideologe des Parteiblattes 'Al Thaura‘ (Die Revolution). Der Einstieg in die hohe Politik erfolgte im Jahre 1977, als er Mitglied des Revolutionären Kommandorats (RCC) wurde. Im September wurde die Parteiführung in den RCC integriert; damit waren Partei und Staat nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Die Führungscrew, die nach verschiedenen Säuberungen Anfang der achziger Jahre verkleinert wurde, ist letztendlich auch durch Bluttaten aneinandergekettet, denn 1979 exekutierten Saddam Hussein und weitere Mitglieder des RCC eigenhändig die in Ungnade gefallenen Weggefährten.
Der Außenminister überlebte im April 1980 einen Anschlag, der dem Iran zugeschrieben wurde. Im Vorjahr, dem Jahr des Umsturzes im Nachbarland, war im Zuge einer Kampagne gegen die oppositionelle schiitische Al-Dawa-Partei deren Führer Muhammad Baqir al Sadr in Najaf unter Hausarrest gestellt worden. Einige Tage nach dem Anschlag auf Asis wurden al Sadr und seine Schwester Bint Huda in einer offensichtlichen Racheaktion des Regimes hingerichtet. Beate Seel
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