Israelreise der Grünen endet im Fiasko

Delegation bricht Reise ab/ Massive Ablehnung und Bombendrohungen nach Äußerungen Ströbeles  ■ Von Amos Wollin

Tel Aviv (taz) — Die Delegation der Grünen unter Leitung des Vorstandssprechers Christian Ströbele brach ihre Reise nach Israel gestern mittag vorzeitig ab, nachdem sie in Israel auf massive Ablehnung gestoßen war. Auch die geplante Weiterreise nach Jordanien ist abgesagt.

Die vierköpfige Grünen-Abordnung sah sich einem Sturm der Entrüstung gegenüber, die das von der 'Jerusalem Post‘ veröffentlichte (und auch in der taz erschienene) Interview Ströbeles ausgelöst hatte, in dem er unter anderem die irakischen Raketenangriffe als „logische, fast zwingende Konsequenz der Politik Israels“ bezeichnet hatte.

Alle Parteien hatten daraufhin ein Treffen mit der Grünen-Delegation abgelehnt, da „sie nicht nach Israel gekommen ist, um ihre Solidarität zum Ausrduck zu bringen, sondern um Kritik zu üben“, wie die Arbeiterpartei formulierte. Ein Besuch in der Knesset wurde den Grünen schlichtweg verboten. Die Grünen erhielten auch telefonische Bombendrohungen. Vor dem Hotel, in dem die Grünen untergekommen waren, randalierten Anhänger der rechtsextremen „Kach“-Partei.

Der „Verband der Nachkommen der Überlebenden des Holocaust“ verlangte vom Innenminister, daß die Mitglieder der Delegation offiziell zu „personae non gratae“ erklärt werden. Der Sprecher des Verbandes, Jehezkel Schwepps, sagte: „Die Grünen haben eine inhumane, unmenschliche Position zum Ausdruck gebracht, indem sie die Raketenangriffe auf Israel als ,natürlich‘ bezeichneten.“

Auch der angestrebte Dialog mit der israelischen Friedensbewegung erwies sich als überaus mühsam. Eine Delegation der israelischen „Peace Now“-Gruppen wollte aufgrund des Ströbele-Interviews ein Treffen mit den Grünen zunächst absagen, wie ihr Leiter Mordechai Bar On sagte. „Die Grünen erklärten uns gegenüber dann aber, daß sie Saddam Hussein für einen brutalen Diktator halten, und daß er sich sofort aus Kuwait zurückzuziehen hat, und dies ermöglichte uns das Gespräch.“ Bei dem Treffen entbrannte jedoch sehr schnell ein heftiger Streit über die Forderung der Grünen nach einem sofortigen Ende des Krieges. Auch Peace Now wolle zuvor einen „tödlichen Stoß gegen Saddam Hussein und die vollständige Zerstörung seiner Kriegsmaschinerie“, erklärte Bar On.

Die Grünen-Abordnung zeigte sich über die harsche Ablehnung in der israelischen Öffentlichkeit „entsetzt“. Ströbele erklärte, er sei mißverstanden worden und beteuerte gegenüber der 'Jerusalem Post‘, daß er nie die irakischen Raketenangriffe auf Israel gebilligt oder gerechtfertigt habe. Angesichts der anonymen Attentatsdrohungen sagten sie in der Folge dennoch „aus Sicherheitsgründen“ die für gestern mittag angesetzte Pressekonferenz in Jerusalem ab, auf der Ströbele die grüne Position zum Golfkrieg und den Grund des Israelbesuchs der Delegation erklären wollte. Noch Donnerstag mittag flog die Delegation in die Bundesrepublik zurück.

Nach dem vierten Israelbesuch der Grünen in zehn Jahren bleibt die Frage, weshalb es offensichtlich unmöglich ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Ein den Grünen nahestehender Israeli prägte dafür den Begriff der „Diktatur des Dilettantismus“. Vielleicht ist das Wort „Diktatur“ nicht sehr treffend, aber Kompetenz ist es wohl jedenfalls nicht, was da immer wieder neu zum Ausdruck kommt.