„Frieden jetzt!“

■ Justizsenator Volker Kröning über die Lage am Golf

...“Wir stehen nach wachsendem Erfolg der Entspannung und Zusammenarbeit im Ost-West und im Nord-Süd-Verhältnis und angesichts einer in den letzten Monaten und Wochen sich zuspitzenden Doppelkrise am Golf und im Baltikum vor einer Weggabel: nämlich entweder in einen Rückfall in gewaltsame Lösungen von Konflikten mit unabsehbaren Eskalationsgefahren oder in einem Fortschritt für die Lösung innerstaatlicher und zwischenstaatlicher Konflikte unter Verzicht auf Gewalt.

Europas Aufgabe ist nicht die schlichte Übertragung seiner ökonomischen, politischen und kulturellen Verhältnisse auf andere Teile der Welt und auch keine rechtlich so oder so bemäntelte Interessenpolitik des Westens, sondern die Hilfe bei der Entwicklung ökonomischer Eigenkraft und bei der Verwirklichung politischer Selbstbestimmung und die Respektierung kultureller Identität der Völker in aller Welt.

An dem Tag, an dem sich entscheidet, ob der Luftkrieg am Golf in einen Landkrieg übergeht oder eine Waffenruhe eintritt, ob weitere Menschen geopfert werden oder ob ein Weg aus der Gewalt gefunden wird, ist an die obersten Prinzipien eines rechtlich garantierten Friedens zu erinnern — nämlich Schutz von Leben, Freiheit und Würde des Menschen, Begrenzung und Kontrolle von Gewalt und Legitimation der Regeln einer Gemeinschaft durch alle ihre Glieder.

Eine solche Ordnung im Nahen und im Mittleren Osten wird bei der Fortsetzung des Krieges am Golf nicht ermöglicht, sondern gefährdet; das Recht wird seine Friedensfunktion verfehlen, wenn dem Krieg nicht Einhalt geboten wird. Wenn der Irak dazu in der Lage ist, darf der Westen nicht versagen. Wenn die Sowjetunion dafür ein Beispiel gibt, öffnet dies auch für ihre innere und äußere Rekonstituierung neue Hoffnung.

Für den Ausbau einer zur Lösung regionaler Konflikte fähigen Friedensordnung der Vereinten Nationen, die den völker- und verfassungsrechtlichen Prinzipien der Gewaltfreiheit und der Schadensbegrenzung folgt, werden zwei zentrale Regelungen gehören müssen, deren Durchsetzung sich nicht zuletzt die deutsche Politik vornehmen muß:

ein internationales Nichtverbreitungsregime für ABC-Waffen und für konventionelle Waffen und für jegliches waffenfähiges Material und

ein Verbot der Zensur von Nachrichten über bewaffnete Konflikte, über die Methoden und Mittel der Kriegführung und über die Folgen für die Zivilbevölkerung und die Umwelt.

Keine „Logik des Krieges“ darf Politik ausschließen. Jede Chance für einen Rechtsfrieden muß ergriffen werden.“