: Keine endgültige Absage
■ Zur Reaktion der USA auf Gorbatschows Achtpunkteplan
Die ablehnenden Signale aus dem Weißen Haus zu Gorbatschows Achtpunkteplan können nicht überraschen. Sie liegen in der Logik der bisherigen Politik der Bush-Administration. Saddam Hussein soll eine vernichtende, endgültige Niederlage beigebracht werden — entweder militärisch auf dem Schlachtfeld durch völlige Zerstörung seiner Waffenarsenale oder aber politisch durch ein Rückzugsszenario, das ihm auch nicht die kleinste Möglichkeit zur Wahrung seines Gesichts gegenüber dem eigenen Volk und in der arabischen Welt läßt. Beides aber ist mit dem Achtpunkteplan zumindest in seiner bis gestern nachmittag gültigen Form nicht zu machen.
Die ersten Reaktionen aus dem US-Kongreß wie aus den Haupstädten der wichtigsten Golfkriegspartner deuten darauf hin, daß sich Präsident Bush sowohl innenpolitisch wie in der „Koalition“ gegen den Irak durchsetzen und seine Linie durchhalten kann. Die Bush-Administration ist insbesondere an einer äußerst kurzen Frist zwischen der Erklärung eines Waffenstillstandes und dem Beginn des Rückzuges der irakischen Truppen aus Kuwait sowie an einem extrem knappen Zeitplan für den vollständigen Abzug interessiert. Denn dann müßten die irakischen Soldaten fast ihre sämtlichen Waffen in Kuwait zurücklassen.
Trotz aller „schwerwiegenden Bedenken“ gegen den Achtpunkteplan dürfte die Bush-Administration den diplomatischen Bemühungen Moskaus vorläufig keine endgültige Absage erteilen. Das wahrscheinlichste Szenario der nächsten Tage: Forderungen aus Washington nach Nachbesserungen vor allem bezüglich der Abzugsmodalitäten und weitere Verhandlungen zwischen Moskau und Bagdad. Gleichzeitig beschäftigt sich möglicherweise der UNO-Sicherheitsrat mit dem Achtpunkteplan bzw. seinen Variationen. Wobei die Bush-Administration hier schon deutlich auf ihre Absicht hingewiesen hat, durch ein Veto alles zu verhindern, was nicht in die eigene Strategie paßt. Zugleich gehen die Luftangriffe gegen den Irak unvermindert weiter, und es werden die Bodenattacken eskaliert mit dem Ziel, so viel wie möglich zu zerstören, bevor ein irakisch-sowjetischer Vorschlag auf dem Tisch liegt, der nicht mehr zurückzuweisen ist. Andreas Zumach, Washington
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