: Bodenkrieg beginnt de facto
■ Irak meldet den Beginn der großen alliierten Bodenoffensive/ Pentagon dementiert energisch/ Steigerung der Kämpfe erfolgt allmählich
Dahran/Bagdad (dpa/afp/taz) — Das irakische Militärkommando hat am Freitag berichtet, die multinationalen Streitkräfte hätten mit der Bodenoffensive begonnen. Die amtliche irakische Nachrichtenagentur 'ina‘ meldete unter Berufung auf ein Militärkommunique Nummer 58, die feindlichen Streitkräfte hätten einen Angriff auf die irakischen Truppen in der Region Mansur unternommen. Dies bedeute den Beginn der Landschlacht. Ausländische Korrespondenten in der Golfregion versicherten dagegen unter Berufung auf alliierte militärische Quellen, der „G-Day“, also der Tag der Landoffensive, habe noch nicht begonnen. Das irakische Oberkommando berichtete am Freitag weiter, die alliierte Luftwaffe habe am Freitag um 07.15Uhr MEZ Angriffe zur Vorbereitung der Bodenoffensive begonnen. In den aus der Luft angegriffenen Abschnitten seien gleichzeitig die Bodentruppen direkt angegriffen worden. „Dies bedeutet unzweifelhaft, daß der Feind die Bodenschlacht begonnen hat“.
Das US-Verteidigungsministerium und ein Militärsprecher in Paris haben dagegen den Beginn einer Bodenoffensive kategorisch dementiert. Ein Sprecher des Pentagon sagte am frühen Freitag morgen, es gebe „keine große Offensive“. Es habe allerdings einige Bombardierungen bei Tage gegeben, was in den vergangenen Wochen nicht vorgekommen sei. Er habe aber keine Vorstellung, warum Bagdad das Kommunique über einen beginnenden Landkrieg veröffentlicht habe.
In Paris sagte ein Militärsprecher auf Anfrage, die Meldungen über den Beginn des Landkriegs seien völlig frei erfunden. Die alliierten Truppen stünden zwar zum Angriff bereit, doch sei es möglich, daß die Offensive bis zur Klärung der politischen Lage verzögert werde.
Das ungeachtet der alliierten Dementis der Bodenkrieg de facto begonnen hat, berichteten 'ap‘-Korrespondenten am Freitag. An der Front im Norden Saudi-Arabiens seien die Alliierten mit massivem Trommelfeuer vorgegangen. An verschiedenen Abschnitten der Grenze zu Kuwait und Irak nahmen mehr als 70 britische Artilleriegeschütze, amerikanische Raketenwerfer und Kampfhubschrauber irakische Stellungen unter Beschuß. Ein US-Militärsprecher sagte, die irakische Gegenwehr sei nur sporadisch erfolgt.
Der Kommandeur einer amerikanischen Landungseinheit im nördlichen Golf, Generalmajor Henry Jenkins, sagte, er wolle einen umfassenden Angriff auf die kuwaitische Küste vermeiden, da dort starke irakische Truppenverbände aufgestellt worden seien. Andere Möglichkeiten seien begrenzte Landungen oder Ablenkungsmanöver zum Schutz von Vorstößen am Boden. Jenkins erklärte, er erwarte starke Gegenwehr. „Die irakische Armee ist nicht am Boden zerstört.“
Für Aufregung in Washington und London sorgten Pressemeldungen, daß die irakische Armee chemische Waffen an der Grenze konzentriert habe. Die Zeitungen beriefen sich dabei auf Informationen aus dem britischen Verteidigungsministerium.
Nach Angaben der Zeitung wurden vor allem Granaten und Raketen mit Nerven- und Senfgas an die irakischen Truppen verteilt. Der 'Daily Telegraph‘ zitierte amerikanische Offiziere, nach deren Angaben die irakischen Einheiten Erlaubnis erhielten, die chemischen Waffen nach Gutdünken einzusetzen. In der 'Times‘ hieß es, die Chemiewaffen seien in einem Wüstenbunker gelagert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen