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Bonn fordert keinen Waffenstillstand

■ Auch die Sozialdemokraten üben sich in Zurückhaltung/ Gysi (PDS) kritisiert Außenminister Genscher

Obwohl Saddam Hussein einlenkt, fordert die Bundesregierung keinen Waffenstillstand im Golfkrieg. Kanzler Kohl beschied gestern in Bonn zum irakischen Angebot lediglich, es müsse „sorgfältig geprüft werden“. Außenminister Genscher bezeichnete es als „Schritt in die richtige Richtung“, wenn Bagdad den sowjetischen Friedensplan „befolgen“ würde. In einer Debatte des Bundestages zum Golfkrieg verlangte Genscher aber außerdem, daß es erst noch gelte, entscheidende Punkte des Planes zu „präzisieren“, daß Saddam Hussein seinen Rückzug nicht aufschieben und daß er nicht auf Zeit spielen dürfe. Überdies wandte er sich dagegen, einen Rückzug zu „prämieren“. Zwar lobte der Außenminister den sowjetischen Präsidenten Gorbatschow ausführlich für seine „intensiven Bemühungen“, denen es zu verdanken sei, wenn der Irak nun einlenke.

Ausdauernd dankte er jedoch auch den USA. Zu möglichen weiteren alliierten Kriegszielen als der Befreiung Kuwaits äußerte sich Genscher nicht — ganz vorsichtig besorgten dies freilich zwei Vertreter der Koalitionsfraktionen: Karl Lamers, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, beschied, ein schneller Frieden sei „mit größter Ernsthaftigkeit zu suchen. Der Preis hierfür darf jedoch nicht ein baldiger neuer Krieg sein.“ Ulrich Irmer, außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sagte über die möglichen Kriegsziele: „Es muß gut überlegt werden, ob man Saddam Hussein damit nicht eine neue Chance gibt, sich aufzurüsten.“

Kämpferisch trat in der Bundestagsdebatte auch SPD-Chef Vogel nicht für einen Waffenstillstand ein: der Gorbatschow-Plan öffne eine Türe zum Waffenstillstand. Während die laufenden Initiativen geprüft würden, solle nicht mit den Bodenkämpfen begonnen werden. Dabei beeilte sich Vogel zu betonen, er fordere dies „nicht aus Sympathie mit dem Diktator ...“. So vage wie bisher Genscher forderte auch Vogel einen KSZE-ähnlichen Prozeß für die Nachkriegszeit im Nahen Osten.

Was die CDU/CSU gestern an Hans-Dietrich Genscher lobte, kritisierte Gregor Gysi (PDS) am Außenminister: Zurückhaltung sei derzeit nicht angemessen. Notwendig sei, jetzt sofort den Waffenstillstand zu fordern.

Konrad Weiß von der Fraktion Bündnis 90/Grüne forderte zwar auch, daß die Waffen nun schweigen sollten und man sich an die Kriegsziele der UN-Resolution halten müsse. Er beschied jedoch gleichzeitig, daß das Gespräch mit dem Irak, „nicht aber mit Saddam Hussein“ aufzunehmen sei. Ferdos Forudastan, Bonn

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