: Was folgt aufs Ende?
■ Wirrnisse über die Staatenkombination nach der Auflösung Jugoslawiens/ Vier-eins-eins oder vier-zwei?
Belgrad (dpa/taz) — Nach dem sechsten Krisengipfel aller jugoslawischen Spitzenpolitiker am Freitag in Sarajewo hat am Wochenende ein schwer durchschaubares Verwirrspiel um die Zahl der Nachfolgestaaten nach der Auflösung Jugoslawiens begonnen. Bosniens Präsident Alija Izetbegovic kündigte am Samstag zunächst die Gründung von zwei Nachfolgestaaten an: Slowenien und Kroatien würden eine Konföderation, Serbien, Mazedonien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina eine Föderation bilden (vier-zwei). Doch schon am Sonntag folgte sein Dementi. Sloweniens Präsident Milan Kucan prophezeite die Entstehung von drei souveränen Ländern, Slowenien, Kroatien und dem restlichen Jugoslawien unter Führung Serbiens (vier-eins-eins). Für Kroatiens Präsident Franjo Tudjman ist noch keine Entscheidung über neue Staaten gefallen. Mazedoniens Präsident Kiro Gligorov schließlich betonte: „Eine Föderation mit Serbien und Montenegro ist für uns unannehmbar.“ Die wichtigste kroatische Zeitung, 'Vjesnik‘, fürchtete sich am Sonntag vor den Folgen, die das Scheitern des jugoslawischen Premiers Markovic nach sich ziehen könnten: „Sein Rücktritt würde das Land reif für den Ausnahmezustand machen.“ Die serbische Zeitung 'Politika‘ sah am gleichen Tag keine Chancen für ein friedliches Auseinandergehen der jugoslawischen Völker. „Die verfeindeten Brüder, das nicht aufgeteilte Eigentum und der Appetit Österreichs und Ungarns lassen das als Utopie erscheinen.“
Sloweniens Präsident kündigte am Sonntag die schnelle Einführung einer eigenen Währung an. Auch eigene Pässe würden noch in diesem Jahr ausgegeben. Er hoffe jedoch, daß es zu einer engen Verbindung Sloweniens mit Kroatien, zu einer „offenen Grenze“ komme. Die 12 Prozent starke serbische Minderheit in Kroatien hat am Wochenende ihre Abspaltung von Kroatien angekündigt. Ein neuer Krisengipfel, der Klarheit über den zukünftigen Weg der acht Landesteile bringen soll, ist für Freitag in Belgrad geplant.
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