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Very Trendy

■ „Inter-City“ aus Berlin, 3sat, Sonntag, 19.30 Uhr

Uns war bekannt, daß Berlin seit längerem versucht, eine Metropole zu sein. Erstaunt mußten wir nun erfahren, daß auch Zürich und Wien ähnliche Ambitionen hegen. Und schon strahlt uns die wunderschöne Arabella Kiesbauer von der leeren Bühne des „Loft“ an und lädt ein zur „Reise in die wundersame Welt des Rock und Pop“. Wundersam fürwahr!

In Zürich, berichtet der erste Beitrag kritisch und problemorientiert, gibt es derzeit kein Lokal für Rockmusik, staatliche Stellen arbeiten noch daran. Auch in Berlin ist Metropolenmusik vor allem ein staatliches Problem. Der neue Kultursenator läßt uns gleich mal wissen: „Manchmal tobe auch ich zu dieser Musik durch den Saal.“ Obwohl zur Zeit etwa zweihundert Bands gefördert werden, möchte er noch mehr tun. Aber wenn Bonn seine finanziellen Zusagen nicht einhält, dann wird es ganz schwierig. Und deshalb gleich weiter in den Untergrund, zu „einer besonders innovativen Gruppe, die momentan voll im Trend liegt“: UCC Posse, die bei Radio 100 Rapshow live bieten. Es handelt sich dabei vor allem um blasse, gutgelaunte Zehlendorfer Kids, die gefährlich auf den Schuttbergen der ehemaligen Mauer herumhängen. Die EinwohnerInnen dieser Metropole hotten im „Krik“ nach ihrer Musik ab, im Radio werden auch mal ansonsten „verbotene Platten“ aufgelegt, und das Metropolenmagazin läßt sich nicht lumpen und spielt, ohne mit den Wimpern zu zucken, ein Videoclip von Niggers With Attitudes ein.

In Österreich ist die Lage ungleich dramatischer. Deshalb zunächst ein längerer Rückblick auf die goldenen Tage des Austro-Pop: eine Videoclipdokumentation mit Falco, Wolfgang Ambros, der Ersten Allgemeinen Verunsicherung, Peter Cornelius und natürlich Opus. Heuer sind eigentlich nur zwei Metropolensänger übriggeblieben: Der Reinhard Fendrich mit seinem Bekenntnis I am from Austria und der Ostbahn Kurti mit seinen Coversongs im Wiener Dialekt. Die Gründe für den Niedergang sind rasch analysiert: fehlende Infrastruktur und der härtere Konkurrenzkampf. Vielleich sollten auch hier staatliche Stellen subventionierend eingreifen.

Das Magazin hat die drängendsten Probleme aufgegriffen. Schockierende Enthüllungen aus den Metropolen Meppen, Berg-Haselbach und Woppenroth werden bald folgen. Olga O'Groschen

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