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„Birmingham Six“ werden freigelassen

■ Britische Staatsanwaltschaft läßt — 16 Jahre nach der Verurteilung — Anklage fallen

Dublin (taz) — Die britische Generalstaatsanwaltschaft hat gestern bei einer gerichtlichen Voruntersuchung bekanntgegeben, die Anklage gegen die „Birmingham Six“ bei der am nächsten Montag beginnenden Berufungsverhandlung nicht mehr länger aufrechtzuerhalten. Staatsanwalt Green sagte — unter Jubel im Gerichtssaal —, die Verurteilungen seien „unsicher und unbefriedigend“. Damit steht der Freilassung der sechs Iren, die 1974 aufgrund äußerst unsicherer „Beweise“ für Bombenanschläge auf zwei Kneipen in Birmingham zu jeweils 21 lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt wurden, nichts mehr im Wege.

Zwar weigerte sich das Berufungsgericht, den Prozeßtermin vorzuverlegen und behielt sich das Recht auf ein Urteil vor, doch an der Rehabilitierung der Angeklagten besteht nun kein Zweifel mehr. Bereits im Januar mußte Green zugestehen, daß die forensischen Beweise — Sprengstoffspuren an den Fingern der Angeklagten — völlig unzuverlässig sind, da der von dem Polizeiwissenschaftler Frank Skuse entwickelte Test auch auf harmlose Stoffe wie Spielkarten positiv reagiert. Das zweite Standbein der Anklage, die „Geständnisse“ von vier der Birmingham Six, ist bereits 1989 diskreditiert worden: Bei einer polizeiinternen Untersuchung hatte sich herausgestellt, daß die Einheit, die für die Verhöre der Angeklagten verantwortlich war, in zahlreichen anderen Fällen Geständnisse gefälscht oder gewaltsam erzwungen hatte.

Nachdem der damalige Leiter der Ermittlungen gegen die Birmingham Six, George Reade, in der vergangenen Woche zehn Stunden lang in seiner neuen Heimat Australien vernommen worden war und sich immer stärker in Widersprüche verwickelt hatte, räumte nun auch Alan Green ein, daß die „Geständnisse“ nicht mehr länger als Beweismittel taugten. Der Labour-Abgeordnete Chris Mullin, dessen unermüdliche private Nachforschungen erheblich zur Wiederaufnahme des Falles beigetragen haben, sagte gestern: „Jetzt haben sie endlich selbst herausgefunden, was einige von uns bereits seit Jahren wissen.“ Ralf Sotscheck

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