Holländer beliefern Irak mit Nachtsichtgeräten

Brüssel (taz) — Nach dem Gefecht um die saudische Grenzstadt Khafji fanden amerikanische Soldaten von den Irakis zurückgelassene Nachtsichtgeräte modernster Bauart, die diesen eine Fortsetzung der Kämpfe während der Nacht ermöglichten. Die Apparate stammen aus den Niederlanden und waren illegal in den Irak geliefert worden. Das Wochenblatt 'Vrij Nederland‘ hatte schon im August letzten Jahres enthüllt, daß die Firma Delft Industries, die diese Nachtsichtgeräte in Lizenz der amerikanischen Firma Hughes herstellt, die Bestimmungen verletzte und über eine belgische Tochterfirma den Irak mit modernen elektronischen Waffenkomponenten blieferte, für die die US-Regierung nicht einmal eine Exportlizenz nach Saudi-Arabien bewilligt hatte. Die Amerikaner sind dermaßen verärgert über den Fund in Khafji, daß das US- Außenministerium zwei Exportbewilligungen für Delft Industries wieder zurückzog.

Um die strengen niederländischen Ausfuhrbestimmungen zu umgehen, wurde zuerst an eine belgische Tochterfirma geliefert, von wo aus die Ware einfacher in Richtung Irak auszuführen war. Nun ist vor allem das Pentagon wütend, weil es weder von der niederländischen Regierung noch von Delft Industries vor der modernen Ausrüstung der Gegner für nächtliche Gefechte gewarnt worden war. Dies um so mehr, als die niederländische Regierung Anfragen im Parlament, die schon im August durch Presseberichte ausgelöst wurden, kurz abwimmelte: „Da ist nichts dran.“

Mittlerweile hat sich aber herausgestellt, daß über die belgische Tochterfirma in den letzten zwei Jahren eine Produktionsstätte für die Nachtsichtgeräte im Irak selber aufgebaut wurde, somit verfügt die irakische Armee mittlerweile wohl über mehr als die fünftausend Stück, die 'Vrij Nederland‘ geschätzt hatte; eine Schätzung, die von amerikanischen Regierungskreisen gegenüber der Fernsehgesellschaft NBC bestätigt wurde. Dieselben Quellen behaupten, daß über die Beneluxländer immer noch Waffen und andere rüstungstechnische Bestandteile in den Irak geliefert werden.

In einem Interview mit dem belgischen Radio bestätigte das der Präsident der ararbisch-niederländischen Handelskammer, Ali Shuhayeb. Als Transitstaaten nannte er neben Iran und Jordanien auch Syrien, die Türkei, Libanon und Zypern. Die Grenzen seien schwach und lückenhaft kontrolliert. Laut Shuhayeb bevorzugen niederländische Firmen den Umweg über Belgien, weil in diesem Land nicht „Katz und Maus gespielt wird mit den Betrieben“; Brüssel sei die „offenste und freieste Handelsstadt der ganzen westlichen Welt.“ Zum Beispiel gelten Nachtsichtgeräte in den Niederlanden als Kriegsmaterial, in Belgien hingegen nicht. Peter Wenger