Und Karlchen war der Nebelmacher

■ Ulrich Bock macht TV-Spots und andere Werbefilme (Warncke-Eis!), die gerne preisgekrönt werden

“Jaja, wir müssen schon Seh-Erlebnisse machen“, sagt er. „Die Kunden, die wollen keine Visitenkarte in Kartoffeldruck“, haspelt er hinterdrein und läßt sich schon wieder schütteln von seinem Wonnelachen. Ulrich Bock, ein Rührbesen mit Brille, macht von seinem Schwachhausener Büro aus Werbespots für Fernsehen und Kino. Und allerlei Industriefilme obendrein.

Einen sehen wir gerade. Heißt „Die unsichtbare Grenze“. Ein Potpourri, in ziemlich zügigem Andante geschnitten: Flugzeuge, Montagehallen, ein Windkanal, dazwischen immer wieder Trickaufnahmen von turbulenter Luft. Der Film zeigt, im Auftrag der Deutschen Airbus GmbH, die Forschungsarbeit für den sagenumrankten Transsonischen Laminarflügel, welcher dereinst gut 20 Prozent Treibstoff einsparen soll. „Eine kaum begreifliche Technologie“, sagt Bock. Hat er sie eben, mit Filmautor Martin Ulrich, begreiflich gemacht. Und umgehend den Wirtschaftsfilmpreis 1990 dafür kassiert.

Sonst macht er TV-Spots, z.B. für Nordsee, Karstadt und Schwarzkopf, und er macht ganz gewöhnliche Produkt-Präsentation. „Einmal, da mußten wir uns für den weltweiten Vertrieb von Krankenhaus-Wärmetabletts was einfallen lassen. Ist ja an sich was ganz Sprödes“, sagt er und gluckst schon, weil da haben sie eine galaktische Geschichte draus gemacht mit fremdem Raumschiff vom Pferdekopf-Nebel, sagt er und springt auf und malt mir seine Bilder in die Luft. Wahrlich, er ist kein Redner von Umschweifen. Immer flitzt er

hierhin bitte das

Foto von dem sitzenden

Mann mit Brille

Ulrich Bock: „Da stand der Kunde und schwieg.“Foto: SHe

zwischen Gedanke und Tat, und die kürzeste Verbindung ist das Fuchteln: „So richtig pfff, so beamen die das Tablett hoch!“

Was braucht er an Gerätschaft? Kaum was, sagt er. Früher hat er jahrelang mit Schreibmaschine und Telefon Filme gemacht.

„Den Rest kann man überall mieten.“ Und jetzt, ach was, einen Schneidetisch, einen großen Lichtwagen voller transportablem Tageslicht und, nagut, eine 35-mm-Kamera. „Wir machen alles erstmal als Kinofilm. Sieht immer besser aus. Wissen Sie, gut 90 Prozent der Fernsehwerbung ist auf gutem altem Dampfkino- Material gedreht. Videobilder sind leider greller, scharfrandig, wie laubgesägt, sag ich immer.“ Jetzt hat die Firma Bock halt eine gute alte Arriflex. „Jaaa, das is' unsere Kalaschnikov, eine klassische Kamera, unverwüstlich.“

Und der Kunde? „Der gibt uns eine Matrix vor. Image, Philosophie; und je nachdem müssen wir dann was bewegen.“ Bewegen ist Bocks liebstes Wort. Er bewegt Filmautoren, Kamerateams, Trickstudios. Meist in Hamburg, immer öfter aber auch hier in Bremen. Ach, Bremen, da fällt ihm das Theater ein. Fürs Theater werben mit Kino-Spots, das wär was für ihn. Ein richtiges Träumchen. Da würd er glatt mit dem Preis runtergehn. Wenn er dafür mal die Bühne kriegt.

Hat ihm, der auch für MBB arbeitet, schon mal gegraust vor einem Kundenwunsch? Nein, aber das Militärische, das hat er nicht so gern. Also keine Abfangjäger im Sonnenuntergang? Will er auch wieder nicht ausschließen. „Aber auf keinen Fall so ein martialisches Getöse!“ Ja, der Kunde. Bock, der alte Jazzer, am liebsten würd er „Miles Davis in einer verlassenen Gasse zeigen“, aber der Kunde natürlich mit seiner Matrix.

Bocks größter Hit war der Kinospot für Warncke-Eis (Gold in Cannes 1988). Da hatten sie wenig Geld, aber so gerade mal „Langnese für Arme“ sollt's auch nicht werden, und auch kein „Familienspaziergang im Vogelpark Walsrode mit köstlichem Eis, sagen ja alle bööh im Kino.“ Nein, es hat lang gedauert, bis man was hatte, „mußte ja eine coole Sache sein, weil 80 Prozent der Kinobesucher sind zwischen 15 und 25, muß man alles wissen“. Also Tempo und Wiener gewälzt; und einem aus der Firma fiel die alte Zeche 12 in Essen ein. Schnell ein paar Leute ins Auto gesteckt und ab nach Essen, an Ort und Stelle dann die Idee: warum nicht mal Schwarzweiß, „weg von Lollipop“, sagt Bock und lacht, „und dann kam dieser Metropolis-Clip raus, tolle Sache, und Karlchen war der Nebelmacher.“

Als aber alles fertig war zum Herzeigen, erschrak der Kunde: „Die standen da“, sagt grinsend Bock, „und schwiegen.“ Manfred Dworschak