Slip's Revenge

■ Vater Säufer. Sohn Sänger.

»Vater Milchmann. Sohn Sting.« oder »das teuerste Modell der Welt«. Ich weiß nicht, ob Slip's Revenge »Max« lesen, aber ich kann mir gut vorstellen, daß sie nichts dagegen hätten, im neuesten Zeitgeist-ist-für- uns-alle-da-Magazin (wurde ja auch Zeit, daß die Italiener auf diesem Gebiet mal aufholen) aufzutauchen. Aber mehr Verbindungen sind da auch nicht, denn dazu sind Mr. Mex Slip, ein in Berlin gestrandeter Australier, und seine Kumpane einfach noch zu ungewaschen — in Sound und Outfit. Sie führen eine Tradition fort, die in Berlin schon immer auf fruchtbaren Boden fiel: den Sleaze-Rock. Viel Saufen, viel Speed nehmen, dann noch mehr saufen, das alles am besten im Sexton oder Madonna, und langhaarige, auftoupierte Bräute abschleppen.

Damit das besser klappt, macht man noch ein bißchen Musik. Ein Problem mit Sleaze-Rock war immer, daß er sich musikalisch nicht allzu sehr von dem in Punk- Tradition stehenden Hardcore unterschied. Das klang alles sehr ähnlich, Unterschied waren nur Texte (Sex contra Politix) und Sozialisation. Einziges Indiz waren immer die Balladen. Was ein echter Sleaze-Rocker wie unser australischer Freund Mex Schlüpfer sein will, der braucht auch zwei, drei langsame Stücke, um die Herzen der Damen nach dem letztnächtlichen Absturz wieder wohlgesonnen zu stimmen.

Slip's Revenge machen das so oder öfter ähnlich. Erst mal langsam anfangen (Vogelgezwitscher inklusive) und dann legen »Schlachtzeug«, »Kampfbass«, »Frontgitarre« und »Gitartillerie« (Info-Zitate) wieder richtig los. Wenn's nicht so eklig wäre, könnte man vielleicht glauben, das wäre lustig gemeint, aber Sleaze-Rocker sind zwear nicht ernstzunehmen, aber ernsthafte Menschen.

Trotzdem haben Slip's Revenge — im Gegensatz zu den meisten Bands dieses Genres — einen relativ einwandfreien Hausbesetzer- und Soli-Feten-Beschaller-Background, stehen also quasi genau zwischen den beiden Polen der oben beschriebenen ideologischen Differenz. Zwar wollen sie auf »veraltete Klischees scheissen«, aber bleiben halt zwischen den Stühlen hängen und kriegen ihren Arsch nicht mal mehr auf ein Kindertöpfchen. Hier und heutzutage muß man sich eindeutig bekennen — ein Problem, über das nicht zuletzt auch Guns And Roses schon gestolpert sind.

Und hier bekommen wir vielleicht doch noch die Kurve zur zeitgemäßen Zeitgeist- Einleitung. So wie Slip's Revenge sich nicht festlegen können oder wollen, versuchen die neuen Hochglanzmagazine auf allen Hochzeiten zu tanzen, wollen ernsthaft politisch (gar links) sein und zugleich schöne bunte nackte Arschbacken abbilden. Vielleicht bin ich nur ein alter, überflüssiger Neo-Hippie, aber irgendwas verstehe ich da nicht. to

am Freitag im Haus der Jugend, am Samstag im SO 36, am Sonntag in der Villa Kreuzberg und nächsten Mittwoch findet die Record-Release-Party von Slip's Revenge im Trash statt.