Mahnwache vor der Humboldt-Uni harrt aus

■ 20 Studenten und Arbeiter wollen trotz Feuerpause am Golf weiter für den Frieden demonstrieren

Mitte. Seit der Krieg am Golf vor sechs Wochen begann, halten sie vor der Humbold-Universität Mahnwache: 20 Männer und Frauen im Alter zwischen 16 und 28 Jahren. Ob es stürmt oder schneit oder eisige Kälte herrscht, — die Sitzbänke, die unter einem Zeltdach rund um den selbstgebauten kleinen Bollerofen aufgebaut sind, sind immer besetzt. Die Mahnwache ist in Schichten aufgeteilt. Wer mit Schlafen dran ist, zieht sich in einen mit Matratzen und Schlafsäcken ausgestatteten Raum in der Uni zurück, der vom Rektor Heinrich Fink eigens zur Verfügung gestellt wurde.

Daß seit gestern Waffenruhe am Golf herscht, ändert an diesem Ablauf zunächst einmal nichts: »Wir werden auf jeden Fall die kommenden 48 Stunden abwarten, um zu sehen, ob die Waffen auch wirklich schweigen«, sagte ein Krankenpfleger, der gestern nachmittag zusammen mit fünf anderen Männern und einer Frau unter dem Zeltdach am Ofen saß. Ebenso wie die anderen ist der Mann sicher, daß die Probleme in der Golfregion durch den Krieg nicht gelöst worden sind. »Eine verbindliche Regelung, mit der Israel, die Palästinenser und die anderen arabischen Völker in Frieden leben können, kann nur durch eine Nahostkonferenz gefunden werden«, meint ein Student.

Die meisten in der Gruppe sind Studenten der Fachbereiche Geisteswissenschaften, Kunst, Mathematik, Informatik, Kriminalistik und Musik. Aber auch einige Werktätige sind dabei.

Zum Beispiel ein junger Fernmeldemechaniker, der tagsüber arbeiten geht und nachts Mahnwache schiebt. »Ein gutes Stück Idealismus gehört schon dazu, aber als Märtyrer empfinden wir uns nicht«, erklärt einer der Männer. »Wir sind nicht hier, weil wir die Helden spielen wollen, sondern weil wir es nicht aushalten, zu Hause untätig herumzusitzen«, sagt er. »Wir glauben natürlich nicht, daß wir den Krieg mit unserer Mahnwache beenden können, aber wir lösen damit Diskussionen aus und daß sich andere Leute dazu verhalten«, ergänzt der Student.

Über mangelnde Resonanz können sich die Mahnwachenden nicht beklagen. »Von der völligen Ablehnung und der Drohung, hier eine Bombe reinzuschmeißen, bis hin zu ganz lieben Leuten, ist alles vertreten«, erzählt der Krankenpfleger. »Manche kommen mit Essen vorbei oder spenden uns Geld. Ohne diese Hilfe hätten wir hier wahrscheinlich gar nicht leben können«, sagte der Student. »Manchmal ist es uns schon richtig peinlich. Da hat uns zum Beispiel eine alte Frau Kohlen vorbeigebracht, die sie bestimmt viel nötiger brauchte.«

Auch die Frauenaktionsgruppe vom Alexanderplatz, »Mütter versteckt eure Söhne«, komme jeden Abend vorbei, um hier ihr Treffen abzuhalten. Und auch die Frau des Rektors Fink habe schon oft Stullen geschmiert und Getränke gebracht. Und der Rektor selbst? »Der steht voll hinter uns. Wir haben den besten Rektor Deutschlands. Auf den kann man sich echt verlassen.«

Wann die Mahnwache abgebrochen werden soll, wollen die jungen Leute auf ihrem Plenum entscheiden. plu