Die S-Bahn fällt ins Haushaltsloch

■ Finanzsenator Pieroth spart jetzt auch beim S-Bahn-Bau/ 30 Millionen gesperrt/ Umlandverbindungen bedroht/ Nagel will sich wehren

Berlin. Um die Milliardenlöcher im Berliner Haushalt zu stopfen, will Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) nun auch auf Kosten der S-Bahn-Instandsetzung sparen. Von den Investitionsmitteln für U- und S-Bahn habe man 30 Millionen Mark gesperrt, wurde gestern in der Senatsfinanzverwaltung bestätigt. Es sei zwar noch »nicht entschieden«, ob diese Summe endgültig gestrichen werde, auszuschließen sei dies aber nicht. In der Senatsbauverwaltung, die für die Bauarbeiten verantwortlich ist, muß man nun fürchten, daß zwei S-Bahn-Verbindungen ins Umland — zwischen Lichtenrade und Mahlow sowie zwischen Frohnau und Hohenneuendorf — erst im nächsten Jahr und damit verspätet fertiggestellt werden können. »Noch« habe man zwar »keinen Baustopp« verhängen müssen. In der Zukunft seien »Probleme« aber »nicht auszuschließen«.

Bausenator Wolfgang Nagel (SPD), der mit den jetzt bedrohten Eröffnungsterminen für die S-Bahn- Linien im Wahlkampf hausieren gegangen war, will Pieroths Sparpläne nicht hinnehmen. Ein erstes Gespräch zwischen Nagel und Pieroth sei aber ergebnislos verlaufen, berichten Mitarbeiter der Bauverwaltung. Dabei könnten sich S-Bahn- Freunde auf die zwischen CDU und SPD abgeschlossene Koalitionsvereinbarung berufen. Dort war dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs »Vorrang« eingeräumt worden. Im Wahlkampf hatte die CDU noch versprochen, den S- und U-Bahn-Etat drastisch aufzustocken. Statt der unter Rot-Grün jährlich verausgabten 340 Millionen versprach die CDU eine Milliarde Mark. Daß nun nicht aufgestockt, sondern gekürzt wird, begründet die Finanzverwaltung mit dem »Graus der allgemeinen Haushaltslage«.

Probleme gibt es nicht nur auf dem Gebiet des ehemaligen West-Berlin, sondern auch bei der Sanierung der Anschlußstrecken in Brandenburg und Ost-Berlin. Lutz Wunder vom Brandenburger Verkehrsministerium bestätigte gestern, daß die Potsdamer Landesregierung der Verbindung zwischen Wannsee und Potsdam »Priorität« einräume. Das könne dazu führen, daß die Lücken zwischen Lichtenrade und Mahlow sowie zwischen Frohnau und Hohenneuendorf erst später als geplant geschlossen würden. Genauso düster sieht es für die Strecke zwischen den Bahnhöfen Neukölln in West-Berlin und Baumschulenweg in Ost-Berlin aus. Während der Senat diese Linie eigentlich schon 1993 wiedereröffnen will, geht die für die Ostseite zuständige Reichsbahn von einem Einweihungstermin im Jahr 1994 aus.

Während über die ehemalige Mauer hinweg inzwischen über 100 Straßenverbindungen wiederhergestellt wurden, komme die Sanierung der Bahngleise nicht voran, klagen Senatsexperten. Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) kümmere sich zwar hingebungsvoll um die Rettung des Grünen Pfeils, die S-Bahn-Probleme hingegen habe er bisher kaum registriert. »Schlimm, schlimm, schlimm«, seufzte Haases oberster Verkehrsplaner Christian Lotze gestern, als die taz ihn nach einem Kommentar zu den Sparplänen des Finanzsenators fragte. Lotze: »Da können wir nichts tun.« hmt