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Katholiken diskutierten neue Verfassung

Berlin. Die Alltagserfahrung vieler Menschen in der schwierigen Zeit des gesellschaftlichen Umbruches sei auch Christen Verpflichtung, »neu nach den Fundamenten der Gesellschaft zu suchen«, hieß es am Samstag zu Beginn der zweiten Tagung der Katholischen Akademie in Berlin. Mit der Erörterung von Verfassungsproblemen hatte sich die junge Einrichtung ein anspruchsvolles Thema gestellt. Das Für und Wider in der Diskussion der Veranstaltung machte einmal mehr deutlich: Die Meinungen in dieser heiklen Frage gehen bei Parteien, Politikern und Wissenschaftlern quer durch die alten und neuen Bundesländer und teils weit auseinander.

Während Wolfgang Ullmann von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Grüne für eine neue Verfassung über den Weg einer verfassunggebenden Versammlung auf der Grundlage von Präambel und Artikel 146 des Grundgesetzes plädierte, wollte Sachsen-Anhalts Justizminister Walter Remmers (CDU) von einer solchen Forderung nichts wissen. Der Minister sprach sich dafür aus, behutsam mit dem Grundgesetz umzugehen, das sich bewährt habe. Aber eine Weiterentwicklung sei durchaus möglich, räumten er und andere Sprecher ein.

Das Grundgesetz, unterstrich Ullmann, habe sich in den vergangenen 40 Jahren zweifellos bewährt. Doch nach Verwirklichung des in der früheren Präambel festgelegten Wiedervereinigungsgebots stellten sich neue Aufgaben, deren Lösung andere Voraussetzungen brauche als die des Grundgesetzes. Diese Position stützte weitgehend Rosemarie Will von der Humboldt-Uni. Nach der Einheit müsse ein verfassunggebender Prozeß in Gang kommen. Das Grundgesetz könne auf viele Fragen keine Antwort mehr geben.

In der abschließenden Podiumsdiskussion spielten auch Überlegungen eine Rolle, wie der Grundrechtekatalog des Grundgesetzes durch Gedanken aus dem Verfassungsentwurf des Runden Tisches angereichert werden könnte. Dieser Aspekt wurde in der Debatte vor allem von ostdeutschen Gesprächspartnern aufgegriffen. adn

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