: Kalte Finger ohne Chance
■ TFC Eintracht Rehberge festigte Ruf als »Bayern München des Tischfußballs«
Zehlendorf. Den ersten ostdeutschen Tipkickmeisterschaften mangelte es zwar an Teilnehmern aus dem Gebiet hinter den Grenzen von 1990, aber »die ham jetzt anderes im Kopp« und »Berlin ist ja auch Osten«, erklärte der Veranstalter. Und überhaupt: »Es gibt auch bloß einen Verein da, in Rostock«.
Gleichwohl versammelte sich für ein Wochenende die Creme des deutschen Tipkickens in Berlin, ging es doch um den 7. Spreecup. Die Zuschauerkulisse bei dieser Traditionsveranstaltung allerdings blieb spärlich, was nicht zuletzt auf das mangelnde Medieninteresse zurückgeführt wird: »Wir werden nicht als Sport anerkannt, weil wir zuviel sitzen und auch Bier trinken«, meint Hacki Jüttner, Computer-Deutschland-Ranglisten-Erster.
Dabei ist Tipkick weit mehr als ein Spiel, bei dem man seiner Figur bloß auf den Kopf drückt, die dann ihr Bein hebt und den eckigen Ball möglichst ins gegnerische Tor schießt. Hier geht es um richtige Ausrüstung (Figuren mit speziellem Schußbein, die Ecken direkt ins Tor zirkeln), Taktik (»Becker kennt Edberg ja auch genau und weiß, wie er spielen muß — bei uns ist das genauso«), sorgfältiger Vorbereitung (»man muß sich warmspielen, mit kalten Fingern geht das nicht!«) und einem richtigen Verband plus Bundesliga — wie im lebendigen Fußball.
»Tipkicken wird schon seit 1965 wettkampfmäßig betrieben — wir haben 150 Vereine in Deutschland, mit 1.500 Mitgliedern, aber die Zahl stagniert — es mangelt an Nachwuchs, denn die Jugendlichen haben heute andere Interessen. So kommen oft ältere Leute in die Vereine, die beim Aufräumen ihre Figuren wiedergefunden haben und es noch mal versuchen wollen. Dabei haben wir ein intensives Vereinsleben, sogar eine eigene Trainingsstätte, in der auch gefeiert wird«, umreißt Herr Lorenzen vom TFC Eintracht Rehberge die aktuelle Situation seines Clubs, der nächstes Jahr 20jähriges Jubiläum feiert. So waren auch die Teilnehmer beim Spree-Cup schon im etwas gesetzteren Alter. Routiniert absolvierten sie ihre Spiele, jeweils zwei mal fünf Minuten, in denen erstaunliche Kombinationen auf durchweg hohem Niveau vorgeführt wurden. Tipkick ist ein »sauberes Spiel«, so daß die Schiedsrichter kaum Mühe hatten, und die Partien durchweg fair blieben.
Und während sich die Hertha der gewohnten Niederlage entgegengurkte, diesmal auch die Blau-Weißen versagten und die Bayern mal kein Glück in letzter Minute hatten, siegte beim Spreecup fast erwartungsgemäß ein Berliner Verein: der TFC Eintracht Rehberge 1, »das Bayern München des Tipkickens« verhinderte ein schwarzes Berliner Wochenende. Aber was hilft das schon, wenn's keiner mitbekommt? Aber das muß ja nicht so bleiben. Am 6. April findet in der Barfußstraße 17 das zweite Bundesligaspiel Rehberge 2 gegen Peine (fast sicherer Aufstiegsaspirant in die erste Liga) statt. Zuschauer sind erwünscht. Bier gibt's auch. Elke Wittich
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