Europäische Flüssigkeiten

Die katalanische Tageszeitung 'La Vanguardia‘ nannte es „das umgekehrte Wunder von Kanaan“. Die Spanier selbst können es einfach nicht glauben, doch an den Daten der Nationalen Vereinigung der Wasserabfüller ist nicht zu rütteln: Zum ersten Mal in der Geschichte des berühmten Weinlandes tranken seine Bewohner im Duchschnitt mehr Wasser als Wein. Das denkwürdige Jahr war 1989. Die Spanier konsumierten in diesem Jahr 45 Liter Wasser, aber nur 40 Liter Wein pro Kopf. Auf der Suche nach den Gründen für die plötzliche Wassersucht stießen die Forscher auf den gestiegenen Lebensstandard. Dieser habe auch den Spaniern den Kauf von Mineralwasser schmackhaft gemacht, behaupten sie. Trotzdem hinken sie in Spanien in puncto Wasser immer noch den anderen europäischen Staaten hinterher. Die Franzosen stehen mit 90 Litern an der Spitze der Wassertrinker in Europa, gefolgt von den Italienern mit 79 und den Deutschen mit 76 Litern pro Person und Jahr.

Vom Bierverbrauch in Deutschland wollen wir hier lieber nicht reden. Das sind wahrhaft schockierende Zahlen. Dabei ist der Rummel um unser Bier natürlich Blödsinn. Es ist nur ein frommer Wunsch, daß in diesem unserem Lande das beste Bier der Welt gebraut wird. Die Tschechen können das viel besser. Pilsener Urquell, Budweiser — da bleibt jedes Germanenbräu auf der Strecke.

Die größte Brauerei des Landes befindet sich in der Bierhochburg Pilsen, aber auch die kleinste mit einer Tagesproduktion von 30 Litern. Die Miniaturanlage, die für die Weltausstellung in Brüssel 1958 gefertigt wurde, steht heute, noch voll funktionstüchtig, im Museum. In den Genuß des kostbaren Naß' kommen allerdings nur Besucher.

Selbst nach einem halben Jahrhundert riecht tschechisches Bier noch nach Bier: Ein paar Pfadfinder hatten in einem Brunnen die 50 Jahre alte Flasche mit intaktem Verschluß entdeckt. Als sie von Experten geöffnet wurde, sah der Inhalt zwar aus wie etwas, das Krankheiten überträgt, aber sonst war das Zeug noch prima in Schuß. Die Tester bestätigten, daß die Flüssigkeit zwar säuerlich geschmeckt, jedoch noch typisch nach Bier gerochen habe.

In Polen stehen sie mehr auf härtere Sachen. Droge Nummer Eins ist Wodka. Anfang der Woche haben zwei jugendliche Polen etwas übertrieben. Einer von ihnen wettete, daß er einen Liter Wodka in einem Zug austrinken könnte. Die Wette hat er gewonnen. Auf dem Weg ins Krankenhaus verlor er dafür aber sein Leben. Karl Wegmann