: Stadtwerke wollen Festung bleiben
■ Direktor Czichon: Energiegesetz gefährdet Stadtwerke / SPD will Gesetz noch vor den Wahlen
Stadtwerke-Chef Günther Czichon treibt ein düsteres Szenario um: Steuergesetze und neue EG- Gesetze bringen diverse Belastungen für das Unternehmen. Und nun will auch noch die Bremische Bürgerschaft den Stadtwerken die ein oder andere Daumenschraube anlegen. „Bremisches Energiegesetz“ lautet das Folterwerkzeug und soll nach dem Willen der SPD-Fraktion noch in dieser Legislaturperiode vom Parlament verabschiedet werden. In dieser Woche hatte der SPD-Fraktionsausschuß Energie zur Anhörung geladen, und da gebärdete sich Czichon nach den Worten eines der Teilnehmer „wie einer aus dem Kasperletheater mit einem dicken Knüppel aus Pappmachee“.
Der Entwurf zum „Gesetz zur Förderung der sparsamen sowie umwelt- und sozialverträglichen Energieversorgung und Energienutzung im Lande Bremen“ wurde von dem Bremer Rechtsprofessor Gerd Winter ausgearbeitet und soll, so Winter, „ein deutliches Signal in der Energiediskussion setzen.“ Ein solches Landesgesetz, wie es bereits in Hessen und Berlin von den ehemals rot-grünen Landesregierungen erlassen wurde, kann die Lücken schließen, die die Bundesgesetzgebung läßt.
Mit dem Bremer Gesetz würde der Vorrang der Fernwärmeversorgung ebenso festgeschrieben, wie eine Absage an die Atomenergie. Öffentliche Gebäude müßten nach und nach auf den modernsten Standard der Energietechnik gebracht werden, für neue Wohngebiete könnten vom Senat strengere Vorschriften erlassen werde, Neuanschließungen von elektrischen Heizungen wären verboten, der Senat müßte Energiesparmaßnahmen an Gebäuden fördern, Einspeisungen ins Netz der Stadtwerke müßten besser bezahlt werden.
Doch die Paragraphen, die die Stadtwerke am meisten ärgern, finden sich unter den Überschriften „Landesenergieplan“ und „Energie-Dienstleistungs-Unternehmen“. Mit einem „Landesenergieplan“ könnte die Umweltsenatorin, die künftig die Komeptenz für Energiepolitik bekommt, den Stadtwerken engere Vorgaben machen, als bislang möglich. Und unter dem Punkt „Energie- Dienstleistungs-Unternehmen“ wird verlangt, die Preisgestaltung für Sonderkunden so zu gestalten, daß diese Energie einsparen. Sonderkunden, sind in aller Regel Betrieb, die von den Stadtwerken nach dem Motto „Je mehr Strom-Verbrauch desto billiger“ bedient werden. Befürchtung der Stadtwerke in einer schriftlichen Stellungnahme: „Die Aufsichtsbehörde könnte mit Entscheidungen durchsetzen, die nach unternehmerischen Grundsätzen wirtschaftlich und rechtlich nicht zu verantworten sind.“ Stadtwerke- Chef Günter Czichon sieht damit die vom Aktiengesetz garantierte Eigenverantwortung des Vorstandes „in unzulässiger Form eingeschränkt“. In einer Versammlung der Stadtwerke-Mitarbeiter gestern in der Stadthalle wurde Czichon noch deutlicher: „Das könnte die Existenz des Unternehmens bedrohen.“
Für den Leiter des Bremer Instituts Kommunale Energiepolitik (BIKE), Klaus Traube, ist die Kritik der Stadtwerke ein „Sturm im Wasserglas“ und „absoluter Unsinn.“ Traube hatte in der SPD-Anhörung den Gesetzentwurf positiv bewertet und gegen die „herbe Kritik“ der Stadtwerke verteidigt. Zu den Einwänden, daß das Aktiengesetz verletzt würde, meinte er: „Dann könnte man ja keine Umweltgesetzgebung mehr machen.“
Der Vorsitzende des SPD-Ausschusses, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Carl-Heinz Schmurr, der „mäßigend“ in die Diskussuion eingreifen will, sieht durch die herbe Kritik der Stadtwerke den ursprünglichen Zeitplan nicht in Gefahr. Die Fraktion sei mit dem Senat einer Meinung, daß das Gesetz noch vor dem Sommer in erster Lesung durch die Bürgerschaft geht. Eine Voraussetzungen dafür kann der Senat am nächsten Dienstag schaffen. Dann wird eine erste Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf verabschiedet. Dem Vernehmen nach soll die Absicht der Bürgerschaft, ein Energiegesetz zu schaffen, ausdrücklich begrüßt werden. hbk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen