piwik no script img

„Rüstungskontrolle“ à la Washington

■ Vier der am Krieg gegen Saddam beteiligten Staaten sollen Waffen im Wert von 18 Milliarden Dollar erhalten/ Verfügungen der US-Regierung sollen Gesetzesvorlagen des Kongresses verhindern

Washington/Genf (dpa/taz) — In Washington sind am Donnerstag Einzelheiten darüber bekannt geworden, wie sich die US-Regierung die künftige „Rüstungskontrolle“ für den Nahen Osten und andere Regionen dieser Erde vorstellt.

Vier der am Krieg gegen Irak beteiligten arabischen Staaten und die Türkei sollen neue Waffen im Wert von 18 Milliarden Dollar erhalten. Zugleich verkündete die US-Regierung eine Verfügung zur Verschärfung der Exportkontrollen für Produkte, die zur Herstellung biologischer, atomarer und chemischer Waffen genutzt werden können. Von Mitgliedern des Kongresses wurde die Verfügung als Versuch kritisert, weit schärfere Gesetzesvorlagen des Kongresses zu verhindern.

Die Pläne für neue Waffenlieferungen an Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrein, die Vereinigten arabischen Emirate und die Türkei sind in einem von der 'Washington Post‘ veröffentlichten Geheimbericht enthalten, den die US-Regierung den zuständigen Kongreßausschüssen zugeleitet hatte.

Auch bereits früher vereinbarte Waffenlieferungen will die Administration ohne Einschränkung einhalten. Dazu gehören unter anderem der Verkauf von 46 F-16 Kampfflugzeugen, 1.528 Bomben und 80 Luft- Bodenraketen an Saudi-Arabien. Die Adminstration begründet ihre Haltung damit, daß vor Vereinbarungen über regionale Rüstungskontrolle zwecks Herstellung von „Stabilität“ zunächst die mit den USA befreundeten, militärisch schwachen Staaten im Nahen Osten und am Persischen Golf gestärkt werden müßten. Mit eben diesem Argument wurde in den letzten 20 Jahren von West und Ost die Aufrüstung der Region betrieben.

Um die Exportkontrolle zu verschärfen, will die Administration die Liste der für die Herstellung von chemischen Waffen geeigneten Vorprodukte von elf auf 50 erweitern. Unter die Kontrolle fallen weiterhin Anlagen und Produktionseinrichtungen.

Für zehn namentlich genannte Länder sind künftig Exportlizenzen notwendig: UdSSR, China, Südafrika, Bulgarien, Rumänien, Birma, Kuba, Nordkorea, Taiwan und Vietnam. Auch für die Nahost- Region und Südostasien ist eine Lizenzpflicht vorgesehen. US-Firmen, die gegen die neuen Beschränkungen verstoßen, müssen künftig mit Strafen nicht nur — wie bisher — nach dem Zivilrecht, sondern auch nach dem Strafrecht rechnen. Vorgesehen sind Geldstrafen bis zu einer Million US-Dollar und Gefängnisstrafen bis zu zehn Jahren.

Seit langem um effektivere Exportkontrollen bemühte Organisationen wie die „Amerikanische Föderation der Wissenschaftler“ (FAS) kritisieren die Verfügung der US-Regierung als vollkommen unzureichend. In den Büros von Senator Glenn und anderer Mitglieder des Kongresses, die sehr viel schärfere Exportkontrollen fordern, wird in der jetzt veröffentlichten Verfügung der Versuch gesehen, weitergehenden Gesetzesvorlagen des Kongresses zuvorzukommen und sie zu verhindern.

Andreas Zumach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen