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Bonn apart: Wer prüft die Prüfer?

■ Wie der Rechnungshof versucht, einen Parlamentsneuling einzuwickeln

Gleich vier Mann hoch fielen die Prüfer vom Bundesrechnungshof bei der SPD-Abgeordneten Uta Titze ein. „Die haben wohl gedacht, die ist neu und 'ne Frau — mit der werden wir schon fertig“, erzählt die Sozialdemokratin. Der Zweck des Besuches: Die Herren wollten mit Uta Titze, Berichterstatterin im Bundestagsausschuß für Rechnungsprüfung, über den Skandal im Bundesgesundheitsamt reden. Der nämlich sei von der Berliner Presse „hochgeschrieben“ worden.

Bereits vor zweieinhalb Jahren hatte die taz über den Fall berichtet: Das Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene des Bundesgesundheitsamtes hatte über einen Förderverein Geld- und Sachspenden von der Asbestindustrie kassiert — dementsprechend industriefreundlich waren seine Untersuchungsergebnisse zum Thema „Asbest in Luft und Wasser“ ausgefallen (taz vom 20.9.88 und 4.8.88).

Nach einer kleinen Anfrage der Grünen im Bundestag mußte sich der Oberste Rechnungshof mit dem Fall beschäftigen. Demnächst steht sein Abschlußbericht auf der Tagesordnung des Bonner Haushaltsausschusses. Bereits in einem ersten Bericht hatten die Rechnungsprüfer die Vorwürfe der taz und der Grünen bestätigt. Jetzt versuchen sie, die Sache herunterzuspielen. Seltsam ist in diesem Zusammenhang nicht nur das massierte Auftreten der Prüfer im Büro der Uta Titze, sondern auch der Versuch, einen Zwischenbericht verschwinden zu lassen. Darin ist — zusätzlich zu den bereits bekannten— noch von weiteren Geschenken der Asbestindustrie an das Institut des Bundesgesundheitsamtes die Rede. Das Papier wurde zur „internen Dienstsache“ erklärt und sollte eigentlich nicht in die Hände der Abgeordneten geraten.

Weiteres Indiz dafür, daß der Bundesrechnungshof versucht, den Fall nachträglich zu verniedlichen: Der Verfasser des ersten — sehr ausführlichen — Berichtes über den Skandal wurde (wegen seiner gründlichen Kritik am Bundesgesundheitsamt?) in eine andere Abteilung versetzt. Ein völlig neues Team hat nun den gerade mal sieben Seiten dünnen Abschlußbericht abgeliefert.

Die Herren versuchten, Uta Titze davon zu überzeugen, daß der ganze Skandal nur „hochgespielt“ worden sei. Die Beamten des Bundesgesundheitsamtes hätten die Spenden „ohne Unrechtsbewußtsein“ angenommen. Schließlich seien Geldzuwendungen der Industrie an die Forschung „völlig normal“.

Uta Titze sieht das anders. Sie will jetzt den Ungereimtheiten im Abschlußbericht des Rechnungshofes nachgehen. Bleibt außerdem die Frage: Wer prüft eigentlich die Rechnungsprüfer? Tina Stadlmayer

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