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Italien will Albaner abschieben

■ Küstenwache soll Schiffe mit albanischen Flüchtlingen aufbringen/ UNO-Flüchtlingskommissariat fordert italienische Regierung zu korrekter Abwicklung des Asylverfahrens auf

Brindisi/Rom/Genf/Belgrad (ap/ afp/dpa) — Der Exodus albanischer Flüchtinge hat eine Kontroverse zwischen der italienischen Regierung und den Vereinten Nationen heraufbeschworen. Die Behörden in Rom stellten am Freitag die Abschiebung der 17.000 nach Italien geflohenen Albaner in Aussicht und kündigten an, daß Flüchtlingsschiffe aufgebracht würden. Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge in Genf (UNHCR) forderte hingegen die italienische Regierung zur korrekten Abwicklung des Asylverfahrens auf. Flüchtlinge dürften nicht daran gehindert werden, an Land zu gehen. Die albanischen Behörden hatten offenbar zuvor mit brutalen Mitteln versucht, die Massenflucht zu stoppen. Mehrere der in Italien eingetroffenen Flüchtlinge hatten Schußverletzungen.

In Brindisi, Otranto und anderen süditalienischen Städten drohte die Lage nach dem Massenansturm albanischer Flüchtlinge außer Kontrolle zu geraten. Regierungssprecher Pio Mastrobuoni erklärte, Marine und Küstenschutz würden damit beginnen, Schiffe aufzubringen, die albanische Flüchtlinge an Bord haben. Der Minister für Zivilverteidigung, Vito Lattanzio, bildete eine Sonderkommission für albanische Flüchtlinge unter seiner Leitung.

In Regierungskreisen hieß es weiter, daß die Albaner in der Regel nicht als politisch Verfolgte angesehen würden, sondern als Wirtschaftsflüchtlinge, deren Abschiebung nach italienischem Recht zwingend sei.

Sicherheitsbehörden berichteten, zahlreiche Flüchtlinge hätten die Hafenumzäunungen überwunden und durchstreiften die Innenstädte auf der Suche nach Lebensmitteln und Unterkunft. Allein in Brindisi sind 15.000 der albanischen Flüchtlinge angekommen.

Auch nach Jugoslawien und Griechenland flohen Dutzende von Albanern. Die griechische Regierung setzt unterdessen ihr Repatriierungsprogramm fort. Der UNHCR bezweifelt jedoch, daß die dreißig bis fünfzig Heimkehrer pro Woche freiwillig nach Albanien zurückkehren.

Der albanische Botschafter in Rom versicherte dem Außenministerium die Bereitschaft seiner Regierung zur Zusammenarbeit in der Flüchtlingsfrage und stellte die von Rom geforderte Freilassung von 200 politischen Häftlingen in Albanien in Kürze in Aussicht.

Unterdessen hat nach einer Meldung von 'ata‘ die albanische Regierung ausländische Vertreter als Beobachter zu den Parlamentswahlen am 31. März eingeladen, bei denen erstmals auch Kandidaten der Opposition gegen die regierenden Kommunisten antreten. Die Anwesenheit ausländischer Wahlbeobachter bei dem Urnengang war immer von der wichtigsten Oppositionsbewegung, der Demokratischen Partei, gefordert worden.

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