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Kein Streichorchester auf Weserfloß

■ Das Landesjugendorchester wird 20 / taz-Gespräch mit dem Chef, Henry Burghard Köster

Seit zwanzig Jahren leitet der 1936 in Bremen geborene Musikerzieher und Lehrer Henry Burghard Köster das Landesjugendorchester. Mit einem Repertoire vom Barock bis in die Gegenwart erspielte man sich einen Platz in der Bremer Musikszene; im Jahr erarbeitete man zwei bis drei Konzerte, Auslandsreisen fürten bis nach Afrika und Amerika. Anläßlich des Jubiläums sprach die taz mit Köster und einem Mitglied des Orchesters, dem Musikstudenten David Schlage.

taz: Wie haben Sie sich damals vor der ersten Probe mit dem neuen Orchester gefühlt?

Henry Burghard Köster: Als ich damals ankam, gab es leider kein Orchester — nur ein Horn, eine Flöte, eine Bratsche, zwei Geigen und ein Cello. Zu gleicher Zeit verließ ich die Hermann-Böse- Schule, mußte aber leider feststellen, daß keine der von mir aufgebauten Gruppen weitergeführt wurde. Deshalb habe ich mein ganzes ehemaliges Schulorchester „herübergeholt“. Bläser hatten wir keine mehr, und die nächsten zehn Jahre spielten wir deshalb als „Bremer Jugendkammerorchester“. Dann meinte ich, man sollte es doch vielleicht wieder „Landesjugendorchester“ nennen, in der Hoffnung, daß es dann etwas Unterstützung von offizieller Seite erfährt.

Und kam der Senat auf Sie zu?

Köster: Es kam keine feste Unterstützung — der Name macht noch gar nichts. Man hätte wirklich Klinken putzen gehen müssen. Ich kann das nicht, hatte nicht die Zeit dazu, und diese Anbiederung war mir zuwider.

Die Kosten für Konzerte sind doch immens. Wie finanzieren Sie das?

David Schlage: Vor ungefähr neun Jahren trat die Grevesmühl-Gesellschaft (Gesellschaft zur Förderung der musikalischen Aktivitäten in Bremen / d.R.) an uns heran...

Köster: ...die uns seitdem unterstützt und unsere Konzerte veranstaltet. Radio Bremen schneidet seit zehn Jahren regelmäßig unsere Konzerte mit - das gibt Gagen.

Schlage: Und dann noch die Sparkasse...

Köster: ...so ziemlich unser größter Mäzen.

Ist es nicht frustrierend zu sehen, wie wenig Unterstützung private Kulturinitiativen vom Senat erfahren?

Köster:Das ist natürlich eine ganz traurige Sache. Andererseits: Ich möchte nur bedingt den großen Rummel, wie es heute so die Tendenz ist. Sicher wäre es für viele interessant, mal ein Streichorchester auf einem Floß die Weser hinunterfahren zu lassen oder im Sommer auf dem Fernsehturm zu spielen. Attraktion, Attraktion — das möchte ich nicht. Ich möchte durch die Qualität unserer Arbeit überzeugen; nicht so tun, als ob...!

Wie setzt sich das Orchester zusammen?

Schlage: Es ist im Grunde eine Mischung aus Schülern und Studenten; meistens Leute um die zwanzig. Die bleiben zum Teil sehr lange im Orchester — ich bin jetzt seit neun Jahren dabei.

Nachwuchs zu finden, ist doch sicher auch ein Konkurrenzproblem. In Bremen gibt es unglaublich viele Jugendorchester.

Köster: Dies' Großwerden macht uns wirklich Kummer...

Schlage: ... eine Tendenz — möglichst groß und toll — in der ganzen Musikszene. Bei uns zählt wirklich zuerst die Musik, im Gegensatz zu anderen.

Aber größere Unternehmen wie Orchesterreisen gibt es auch bei Ihnen.

Köster: Einzelsachen schon. Zuletzt waren wir auf einer internationalen Jugendorchesterwoche in Südspanien — quasi eine Nacht-und-Nebel-Aktion. Der Anruf kam nachts um elf: „Wollen Sie nach Spanien fahren? Wir laden Sie ein!“. Dann folgte eine Woche harter Arbeit mit täglichen Konzerten.

Wie häufig probt das Orchester?

Köster: Einmal die Woche und vor Konzerten an einem ausgiebigen Probenwochenende. Wir mußten jedoch noch nie irgendwelche Aushilfen bestellen — darauf sind wir sehr stolz! Selbst jetzt im großen Jubiläumsorchester spielen nur Ehemalige zusätzlich.

Sie bringen immerhin 90 Musiker auf die Beine...

Köster:... eine Ehemalige kommt sogar aus San Franzisco! Die habe ich nun seit zwanzig Jahren nicht gesehen, und was da gefühlsmässig auf einen zukommt, kann man jetzt noch gar nicht ahnen.

Nach zwanzig Jahren überlegen Sie doch sicher, wie es weitergehen soll mit dem Landesjugendorchester.

Köster: Ein ganz schwieriger Punkt. Ich spiele schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken, aufzuhören. Wenn nach diesem Fest die Studenten alle das Orchester verlassen , weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Ich bin etwas müde geworden. Natürlich macht es noch Spaß — der Einsatz der Leute ist enorm! Wenn sich ein Orchester konstituiert, das auf einer festen Basis für die nächsten paar Jahre weitermachen möchte, bin ich der letzte, der „nein“ sagt.

Fragen: Gunnar Cohrs

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