: Überirdische Stromtrasse gefordert
■ Begründung ist die angeblich katastrophale Finanzsituation der Bewag durch Ost-Übernahme
Berlin. Die Bewag kämpft mit einer Kostenlawine. Sie »pfeift aus dem letzten Loch«, resümiert Vorstandssprecher Wilm Tegethoff die Lage. Man habe Verbindlichkeiten von 2,5 Milliarden Mark und müsse jährlich 400 bis 550 Millionen DM investieren. Eine wesentliche Kostenentlastung sei erst ab 1995 abzusehen. Allein in die Modernisierung der Energieversorgung Berlin AG (Ebag) im Ostteil müßten in den nächsten fünf bis sechs Jahren mehr als sechs Milliarden Mark investiert werden. Hinzu kämen hohe Umweltschutzaufwendungen sowie eventuell die höheren Kosten für eine unterirdische Stromleitung im Rahmen des Stromverbunds von der Stadtgrenze bis zum Kraftwerk Reuter. Man hoffe noch auf die Möglichkeit einer auf zehn Jahre befristeten Freileitung, über die der Senat bis Ende März entscheiden wolle.
Mit der Freitrasse könne man bis Herbst 1992, wenn der Strombezug aufgenommen werden müsse, zurechtkommen. Ein Kabelanschluß sei dagegen vor Juli 1994 nicht zu bewerkstelligen. Da der Stromverbrauch weiter steige, könne beim derzeitigen Stand in den nächsten zwei Wintern die Zuschaltung einer Gasturbine zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit nötig werden. Tegethoff, der von der Treuhand zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Ebag bestellt wurde, sagte, man hoffe weiterhin, die Voraussetzungen für eine Fusion von Bewag und Ebag in zwei bis drei Jahren schaffen zu können. Der technische und wirtschaftliche Zustand der Ebag sei katastrophaler als angenommen. Erneuert werden müßten das Stromnetz und die Fernwärmeleitungen, der Umweltschutz sei vernachlässigt worden. Es fehle jede Voraussetzung für kaufmännische und wirtschaftliche Arbeit, das Rechnungswesen müsse erst aufgebaut werden. Zudem beschäftigte die Ebag 6.500 Mitarbeiter, obwohl sie nur halb so groß wie die Bewag sei, die mit 7.500 auskomme.
Anfang April werde für die Ebag eine DM-Eröffnungsbilanz vorgelegt, die »praktisch Null« betragen dürfte. Von den Ebag-Anteilen soll das Land Berlin 49 Prozent unentgeltlich erhalten, weitere zwei Prozent könne es käuflich erwerben. Zehn Prozent gingen an die PreußenElektra, und 39 Prozent werde die Bewag halten.
Tegethoff betonte, die Bewag gehe als Rechtsnachfolgerin der Ost- Bewag davon aus, daß das Vermögen der Ebag unentgeltich auf sie rückübertragen werde. Die frühere Übertragung des Vermögens der Ost-Bewag auf die Ebag sei jedoch nichtig, und daher vertrete die Bewag die Auffassung, daß das Vermögen der Ebag auch nicht der Treuhand zugefallen sei. Wenn dieses Verfahren aber zu lange dauere, werde die Bewag Aktien kaufen und einen Erstattungsanspruch gegenüber der Treuhand erheben. dpa
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