: Unversöhnt beim Paragraphen 218
Hamburg (dpa) — Die im Einigungsvertrag vorgeschriebene Neuregelung des Paragraphen 218 bis Ende 1992 droht die Regierungsparteien CDU/CSU und FDP vor eine Zerreißrobe zu stellen. Die Ministerin für Frauen und Jugend, Angela Merkel (CDU), sprach sich bei einer Umfrage der 'Welt am Sonntag‘ für Straffreiheit bei einem Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche aus. Die Vorsitzende der CDU/ CSU-Arbeitsgruppe Frauen und Jugend, Claudia Nolte, betonte dagegen, es dürfe keinen Rechtsanspruch auf Abtreibung geben. Die CDU/ CSU-Fraktion lehne entschieden eine wie auch immer modifizierte Fristenlösung als Mittel der Familienplanung ab. Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende der Initative „Christdemokraten für das Leben“, Johanna Gräfin von Westphalen.
Die FDP-Abgeordete Sabine Leutheusser-Schnarrenberg befürwortete „eine modifizierte Fristenlösung mit obligatorischer Beratung.“ Unzählige Definitionsversuche von Indikationen hätten gezeigt, daß sie der besonderen Konfliktsituation nicht gerecht würden.
Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) hatte am Freitag einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Danach soll ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen straffrei bleiben, wenn sich die Frau in einer Notlage befindet und an einer Pflichtberatung teilgenommen hat. Eine Neuregelung ist notwendig, weil auf dem Gebiet der früheren DDR bisher weiter die Fristenlösung gilt, während im alten Bundesgebiet nur in bestimmten Notlagen Schwangerschaftsabbrüche strafrechtlich nicht verfolgt werden.
Dazu erklärte die Sprecherin für Frauen und Jugend in der SPD-Bundestagsfraktion, Hanna Wolf, der Gesetzentwurf von Frau Süssmuth beruhe auf einer abgeänderten Form der Notlagenfeststellung, die letztlich doch nur pro forma bei der Schwangeren liegen solle, und einer neuen Verordnung zur Zwangsberatung. Ein Beratungszwang führe führe aber immer auch zu noch größeren Konflikten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen