Urteile im Foltertod-Prozeß

■ Mord im Übersiedlerwohnheim Oldenburg: Milde Haftstrafen

In den vergangenen Wochen hatten sich vor der Jugendkammer des Oldenburger Landgerichts vier Menschen im sogenannten „Foltertod-Prozeß“ wegen gemeinschaftlichen Mordes zu verantworten. Gemessen an den Forderungen der Staatsanwaltschaft sind die vier gestern mit einem glimpflichen Urteil davongekommen. Die vier ehemaligen Bewohner des Übersiedlerlagers Kloster Blankenburg bei Oldenburg, drei Männer im Alter von 29, 30 und 34 Jahren und eine zur Tatzeit 18jährige Frau aus der ehemaligen DDR, wurden wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit einer das Leben gefährdenden Behandlung und wegen Nötigung zu Haftstrafen zwischen zwei und viereinhalb Jahren verurteilt. Die Staatsanwältin hatte für die Männer Haftstrafen von 13, neun und sieben Jahren und für die Frau eine Strafe von vier Jahren gefordert. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft kündigte an, daß die Anklagebehörde Revision gegen das Urteil einlegen wird.

Das Opfer der vier Angeklagten, ein 46 Jahre alter alkoholkranker Lokomotivschlosser aus Stendal, war im Mai vergangenen Jahres an den Folgen von Schlägen und Fußtritten gestorben. Die vier Angeklagten hatten ihrem Opfer Seife in den Mund gepreßt und es mit brennenden Zigaretten gefoltert. Die Tortur hatte vermutlich mehrere Stunden gedauert. Außerdem zwangen sie den 46jährigen, der zwei der Angeklagten bestohlen haben soll, einen Schuldschein zu unterschreiben. Spielende Kinder, die auf dem Flur des überfüllten Lagers Schreie gehört hatten, wurden mit dem Hinweis beruhigt, hier werde ein Film gedreht.

In der ausführlichen mündlichen Urteilsbegründung wurde hervorgehoben, daß sich aufgrund der Zeugenaussagen und der Einlassungen der Angeklagten nicht habe klären lassen, wer für die tödlichen Schläge im Kopf- und Halsbereich verantwortlich gewesen sei. Eine Tötungsabsicht hat nach Ansicht der Kammer nicht vorgelegen. Der Schuldschein und die Ankündigung eines Angeklagten, er wolle dem Opfer „beim nächsten Mal wieder die Fresse einschlagen“ widersprächen einer Tötungsabsicht.

Alle Angeklagten haben in der ehemaligen DDR zum Teil lange Haftstrafen verbüßt und standen zur Tatzeit mit Ausnahme der jungen Frau unter erheblichem Alkoholeinfluß.

dpa