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Tiefstrebende Meeresforschung

■ Wegener-Institut und Uni suchen globales Klima auf dem Meeresgrund

In mehreren hundert Metern Tiefe im ewigen Eis der Grönlandsee ist die Bodenfauna so reich wie in tropischen Flachgewässern. Krill, ozeanische Kleinlebewesen, weiden dort ungestört in Eishöhlen ihre Algen und überwintern, wo niemand überhaupt Lebewesen vermutet hätte. Solche Erkenntnisse bringt die „Polarstern“, das Forschungsschiff des Alfred-Wegener-Instituts, regelmäßig von ihren Expeditionen ins Eis mit, wenn sie ihren Heimathafen Bremerhaven anläuft.

Die Messungen im Meer, die das Alfred-Wegener-Institut seit 1980 durchführt, um Klima, Umweltschmutz, Rohstoff- und Nahrungsquellen der Ozeane zu erforschen, ist nur eine Methode der Meeresforschung, erklärte Uni-Rektor Jürgen Timm gestern auf der Landespressekonferenz. In Zusammenarbeit mit mehreren Fachbereichen der Universität Bremen werten ForscherInnen und die, die es werden wollen, die Meßdaten am Computer aus. Satelliten beobachten darüber hinaus die Ozeane aus der Distanz.

Inzwischen hat sich die Meeresforschung zum größten Anwendungsbereich der Uni-Forschung gemausert. Mehrere Fachbereiche, darunter Biologie, Chemie, Physik und Geowissenschaften, und die Universität Oldenburg arbeiten daran mit und haben es inzwischen, so Timm, zu international anerkannten Forschungserfolgen gebracht. Bei drei Antarktis-Expeditionen waren KollegInnen aus anderen europäischen Ländern dabei.

Der Erfolg lohnt sich: die Max- Planck-Gesellschaft wird in Bremen ein Institut für mikrobielle Ökologie gründen. Und: Die Geowissenschaft der Universität verdoppelt sich — sowohl personell als auch räumlich. „Übern Daumen“, so Rektor Timm, „wird es jedes Jahr einen neuen Professor geben.“ Die Deutsche Forschungsgemeinschaft richtete am Standort Bremen einen Sonderforschungsbereich und ein Graduiertenkolleg ein. Wenn es nach dem Unirektor geht, wird der universitäre Mittelbau der Meeresforschung ausgebaut.

Die Meeresforscher fungieren zuweilen als „Initialzünder“ für Bremer Wirtschaftsunternehmen: Die im ewigen Eis erprobten Fahrzeuge, Geräte und persönlichen Ausrüstungsgegenständen verkaufen sich gut. Kleinere und mittlere Bremer Unternehmen profitieren von den Aufträgen aus der Ozeanforschung. Und nicht zuletzt eröffnet sie Bremer Rüstungsbetrieben eine Chance zur Konversion, findet Timm.

bear

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