: Weniger Bundeswehr — mehr Geld
Bonn (dpa) — Die Bundeswehr hat für ihre Aufgabenerfüllung mehr Geld verlangt. Hohe Offiziere machten bei ihren Vorträgen auf der 32.Kommandeurtagung am Dienstag in Bonn hinter verschlossenen Türen darauf aufmerksam, daß die Ende 1994 verkleinerten Streitkräfte auch effektiv gehalten werden sollen. Dafür aber müßten die Finanzen verbessert werden. Die Bundeswehr wisse, daß sie für eine begrenzte Zeit sparen müsse. „Unsere politischen Vorgaben können wir aber nur dann erfüllen, wenn das finanzielle Kürzertreten nicht zum Dauerzustand wird.“
Gleichzeitig wurde hervorgehoben, daß große Anstrengungen unternommen werden müßten, um in Zukunft viele längerdienende Soldaten zu gewinnen. „Wenn das Soldatwerden nicht attraktiv ist, und zwar ideell wie materiell, dann gibt es keinen Nachwuchs“, erläuterten die Offiziere. Bis zum Abschluß der neuen Struktur im Jahre 1994 wird die Bundeswehr um 25 Prozent geschrumpft sein. Zahlreiche Kommandobehörden werden wegfallen. Die Kommandostrukturen sollen gestrafft werden, außerdem wird die Zahl und Qualität der Ausbilder erhöht. Die Luftwaffe solle personell um 30 Prozent eingeschränkt werden. Auch soll es bessere Kapazitäten für den Lufttransport geben. Auf diesem Gebiet haben sich bei der Verlegung der Flugabwehreinheiten in die Türkei große Lücken gezeigt.
Die Bundeswehr steht nach Angaben von Wellershoff vor der größten Reform seit ihrer Gründung. Sie werde von 1995 an aus 214.000 Länger- und 151.000 Kurzdienenden sowie 5.000 Wehrübungsstellen, auf denen wechselweise Reservisten üben können, bestehen.
Der Kommandeur des Bundeswehrkommandos Ost, Generalleutnant Jörg Schönbohm, teilte in seinem Vortrag hinter verschlossenen Türen den hohen Offizieren mit, daß die Integration der ehemaligen Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) in die Bundeswehr gute Fortschritte mache. Wie aus Teilnehmerkreisen zu hören war, führte Schönbohm aus, daß die Aufstellung neuer Truppenteile und Dienststellen in Ostdeutschland begonnen habe. Noch in diesem Jahr sollen einsatzfähige Kompanien und Bataillone entstehen. 1992 sollen Brigaden aufgestellt werden.
Es sei allerdings noch nicht möglich, daß Offiziere und Unteroffiziere ohne Schwierigkeiten von West nach Ost oder umgekehrt versetzt werden können. Erst wenn dies gelinge, „können wir in der Bewußtseinshaltung und der Ausbildung zu einer Bundeswehr werden“, sagte Schönbohm. Vor allem die Unterschiede in der Besoldung müßten rasch ausgeglichen werden.
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