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Die Briten kommen — zu spät?

Treuhand und Dachverband der 'unsichtbaren‘ britischen Unternehmensberater tagen in einem feinen Berliner Hotel  ■ Von Frank Brendel

Berlin (taz) — Im feinen Berliner Grand Hotel an der Französischen Straße stellten sich die 'British Invisibles‘, der Dachverband der britischen Finanzdienstleistungsunternehmen und Unternehmensberater, der interessierten Öffentlichkeit vor. Angeführt von Sir Kit McMahon, dem Chef der Midland Bank und aufgewertet durch die Anwesenheit des britischen Botschafters, Sir Christopher Mallaby, will die Treuhand an sie die ehemaligen DDR-Betriebe verkaufen, die noch zu haben sind.

Viele der Briten sind zum ersten Mal auf Grund und Boden der gewesenen DDR und entsprechend tatendurstig. Die tagenden 50 Herren und zwei Damen wollen die Privatisierung der Betriebe im Osten Deutschlands vorantreiben und preisen Großbritanniens „unerreichte Erfahrung“ in diesem Bereich. Die will man sich bei der bisher größten Privatisierungswelle in einem kapitalistischen Land unter Führung Frau Thatchers während der achtziger Jahre erworben haben.

Die Herren von der Treuhand (allein elf hat die Treuhand Berlin zu dieser Zusammenkunft entsand) genießen die ungewöhnliche Atmosphäre und gerieren sich optimistisch. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Die Briten wollen nicht etwa Betriebe kaufen. Vielmehr wollen sieberaten und makeln zwischen verkäuflichen Betrieben der ehemaligen DDR und potentiellen Investoren in Britannien. Dafür kassieren sie dann ein „angemessenes“ Honorar.

Was bleibt den Engländern noch, sind die Filetstücke nicht schon weg? „Wenn's die denn gegeben hat“, meint überraschend offen ein Herr von der Treuhand auf die Journalistenfrage. Nach einem kurzen Moment des Schweigens rettet ihn Kit McMahon: Viele britische Firmen seien über Beteiligungen an deutschen Firmen schon Anteilseigner ehemaliger Ostbetriebe. Insofern komme man nicht unbedingt zu spät. Auch der Treuhänder hat sich wieder gefangen und redet von 50 ausgesuchten Projekten, die Treuhand und Engländer gemeinsam in Angriff nehmen wollen.

Alsdann präsentieren Herr Sean Wynne von der irischen MF Kent, Christopher Turner und Ian Howat von der Londoner ITC („Wir sind sowas wie Bechtel“) gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Magdeburger Kreistages ein Großprojekt. Im nordwestlichen Dreieck der Autobahn A2 und Bundesstraße B189 planen die Herren auf einem 150 Hektar großen Areal einen mitteleuropäischen Technologiepark, der nach Vollendung in gemeinsamer Regie geführt werden soll.

Für Bau, Planung und Management wollen die Engländer und der Ire sorgen, die Infrastruktur will das Land Sachsen-Anhalt schaffen. Von den projektierten 150 Hektar gehören 50 der öffentlichen Hand. „Da haben wir keine Probleme!“ frohlockt der Mann aus Sachsen-Anhalt. Die übrigen 100 Hektar teilen sich allerdings bisher ungefähr 400 private Landbesitzer.

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